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Es giebt insonderheit zwei Fälle dieser Art, wo falsche Rechtsgrundsäge den Staat leicht zu unges rechten Maßregeln perleiten können. Der erste tritt im Zustande einer Staatsrevolution, der ans dere im Kriege ein. Im ersteren werden die Rechte des Staats innerlich, im lesteren äußerlich ans gegriffen.

In einer Revolution streiten zwei oder mehr Parteien um die Oberherrschaft. Der rechtmäßige Besitzer derselben muß allerdings jeden Angriff auf ihn, jedes Unternehmen, ihm die Oberherrschaft zu entreißen, für eine grobe Beleidigung ansehen; und wer sich mit dem ungerechten Angreifer, ihn zu bes Leidigen vereiniget, ist offenbar schuldig. Der rechts mäßige Oberherr kann daher mit Recht verlangen, a) daß sich Niemand seiner Unterthanen als Organ gebrauchen lasse, seine Rechte zu verlegen; b) daß alle, welche die besondere Verpflichtung haben, sein Ansehen gegen widerrechtliche Angriffe zu schüßen, ihre übernommene Pflicht erfüllen. Die erste Fore derung geht alle Unterthanen an, die lettere aber nicht. Denn es ist keine allgemeine Zwangspflicht der Unterthanen, die Rechte ihres Oberherrn auch durch Thaten (positive Handlungen) mit ihren pers sönlichen Kräften zu schüßen. Er muß zu diesem Zwecke besondere Anstalten treffen, und kann das ihm übergebene Vermögen benußen, um eine Macht

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zu organisiren, wodurch er sich in seinen Rechten gegen gewaltsame Angriffe vertheidigen mag. Gidh zu dergleichen Organen brauchen zu lassen, darf er die Unterthanen im allgemeinen nicht zwingen, son dern muß eine Anzahl derselben durch besondere Verträge zu diesem Zwecke verpflichten. Aus dem allgemeinen Staatsvertrage kann also die Verpflich tung, durch persönliche Kräfte für die Rechte des Oberr Herra zu streiten, nicht erwiesen werden; und wer daher in diesen Kampf sich nicht einlassen will, und sich bei einer Revolution ganz ruhig verhält, dem können feine Unterlassungshandlungen nicht als Beleidigungen des Oberherrn zugerechnet werden, wenn ihn nicht etwa ein besonderer Vertrag mit dem Oberherrn zum thätigen Schuhe seiner Rechte verpflichtete.

Überhaupt hat der Unterthan in Ansehung des Rechts, mit welchem der Oberherr regiert, keine rechtskräftige Etimme. Seine Maxime hierüber muß folgende seyn: » Wenn der Oberherr mir nut folde Gefeße giebt, mir nur solche Handlungen ger » bietet, die mir ein rechtmäßiger Oberherr gebie » ten darf, so will ich ihm gehorchen; mit wel« » chem Rechte er aber selbst Oberherr sey, darüber will ich mir nicht anmaßen zu entscheiden, « Der Grund, weshalb diese Maxime zum Princip der Unterthanen gemacht werden muß, ist, weil sonst

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jeder Oberherr rechtmäßiger Weise angegriffen wer den könnte. Denn in dem angenommenen Falle müßte doch das Urtheil des Unterthanen, das ihn zum Beistande des einen, oder zum Widerstande des andern bestimmte, ein für sich rechtskräftiges Urtheil seyn. Der Unterthan nerfest sich nemlich durch ein solches Urtheil in einen anßerbürgerlichen Zustand, wo er sich nach seinen eignen Einsichten erst einen Oberherrn wählt; und ihn kann daher nur sein Urtheil leiten, weil er noch keinen Rich, ter anerkennt, als den, welchen er sich in seinem Oberherrn selbst wählt. Hätte nun ein jeder Unterthan das Recht über das Recht des Oberherrn rechtskräftig, d. h. so zu urtheilen, daß er sein Urs theil über ihn in Ausübung bringen darf: so würde der Oberherr mit jedem seiner Unterthanen in einem immerwährenden Zustande des Krieges leben. Denn setzet, ein Unterthan halte dafür, sein biss heriger Oberherr regiere mit Unrecht; so ist sein Urtheil nach der Voraussetzung rechtskräftig (weil nur der Oberherr Richter über ihn ist, den er aber eben nicht anerkennt); folglich würde er, so wie jeder andere Unterthan, den Oberherrn nach Belie ben angreifen dürfen, und dieser dürfte diese An= griffe, da er sich mit seinen Unterthanen hier im Naturstande befände, er also nicht Richter über fie in diesem Falle seyn könnte, und diese nach ih

ren Rechtseinsichten handelten, zwar zurücktreiben, aber nicht bestrafen. Dadurch würde nun offenbac der Staat rechtlicher Seits selbst unmöglich ge macht; ich schließe also, daß obige Maxime als Princip für jeden Unterthan gelten müsse.

Hieraus folgt aber auch, daß der Unterthan keine Befugniß habe, das Recht dessen rechtskräftig zu beurtheilen, der seinem Oberherrn das Recht zu seiner Oberherrschaft streitig macht, und mit ihm einen Kampf um die Oberherrschaft wagt. Er wird es lediglich und allein den streitenden Pars teien überlassen müssen, ihre Sache mit einander auszumachen, weil er sich keinen gültigen Richter spruch, weder über den einen noch den andern an maßen kann. Der Grundsah, welcher bei allen Kollisionen dieser Art befolgt werden foll, ist in dem alten Spruche enthalten: »Jedermann sei un= terthan der Obrigkeit, die Gewalt über iha »hat; « oder: »Jeder Unterthan gehorche dem, der »ein Recht auf die Oberherrschaft prätendirt, in » allen Stücken, die auch ein rechtmäßiger Obers » herr von ihm fodern könnte, wenn und so lange » der Prätendent zugleich die Macht in Händen »hat, ohne sich darum zu bekümmern, ob er ein Recht dazu habe, oder nicht. «

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In wie fern die Unterthanen ein organisches Ganzes des Staats ausmachen, und als solche selbst

an der Souveränität Theil nehmen, sind sie nicht als Unterthanen, sondern als Staatsbürger zu ber trachten, denen allerdings in Gemeinschaft (in corpore) eine rechtskräftige Stimme in Ansehung ihres eignen Rechts zusteht, die folglich auch ihr Recht gegen einen andern Theil der Verwalter der souverainen Gewalt, welcher sich etwa die Verwal tung der Souveränität allein anmaßen wollte, mit Gewalt gegen ihn durchtreiben können. Denn da, wenn die Gewalten in der Regierungsform unter mehrere künstliche Personen vertheilt sind, nur dann der eine Staatskörper einen Willen für souverain halten kann, wenn er selbst geseßlich mit einges stimmt hat, da er in diesem Falle selbst mit den souverainen Willen muß bestimmen heifen; so hat er in dieser Hinsicht so wenig einen Richter über sich im Staate, als der andere Theil, mit welchem er den Souverain zusammen genommen ausmacht; und wenn sie daher uneinig unter einander were den, und alle Mittel der Vereinigung, welche in der Verfassung liegen, nicht helfen können; so zere nichten sie die Souveränität, welche sie zusammen genommen ausmachen; und da keiner dem andern über sich eine Richtergewalt zugesteht, so befinden sich beide gegen einander im außerbürgerlichen Zus stande, und jeder wehrt und vertheidigt sich hier so gut, als er kann. In England wird ein Gesetz

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