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keit eines guten Bürgers, widersprechen, seine polis tische Meinungen unter Menschen zu äußern, von welchen er vermuthen kann, sie möchten einen vers kehrten, pflichtwidrigen oder gar ungerechten Gebrauch davon machen. Aber der Staat kann nim mermehr ein Recht haben, ihn wegen dieser Unbehuts samkeit zu bestrafen. Denn wegen ungerechter Hands lungen ist nur der dem Staate verantwortlich, der Urheber davon ist, nicht der welcher sie unschuldi; ger Weise, d. i. ohne selbst ein Recht zu verlegen oder eine Beleidigung zu begehen, veranlaßt. Pos litische Meinungen müssen also in einem jeden Staate der Freiheit eines jeden überlassen bleiben, und es würde schon höchst ungerecht seyn, Meinun gen, wodurch keines Recht verlegt wird, zu verbieten. Ein Gesez, durch welches verboten würde, eine Monarchie für eine bessere Regierungsform zu halten als eine Demokratie, oder umgekehrt, würs de mit allem Rechte streiten. Aber gar Aufpasser auszuschicken, welche die Meinungen der Untertha nen aushorchen, und den Unterthanen ihre dem Regierungssysteme entgegengesetzten Meinungen entgelten zu lassen, ohne daß ein positives Geset darüber vorhanden ist, ist die höchste Tyrannei.

2) Politische Gesinnungen, welche der Denkungsart des Staats zwar widerspre chen, aber doch keinen moralischen Grund

rechtswidriger Handlungen in sich ent. halten, können den Staat nie zur Ger walt gegen sie berechtigen. Eine Gesinnung ist eine Meinung, in wie fern sie auf den Willen Einfluß hat, und sich durch Wunsch, Begierde oder Handlung offenbaret; und man kann die Gesin: nungen theils durch diese ihre Wirkungen, theils durch Worte erklären. Daß nur erklärte Gesin: nungen ein Gegenstand der Gesetzgebung seyn kön nen, wird wohl Niemand leugnen. Aber wenn

auch einer oder mehrere Bürger ihre eifrigsten Wüns sche für die Abänderung der gegenwärtigen Berfassung, für Endigung eines ihrer Meinung nach unnüşen Krieges laut etklärten; wenn die Unter, thanen eines Monarchen eifrig eine Demokratie, und die Unterthanen einer Demokratie eine Mos narchie sich wünschen; wenn sie die Vorzüge der Verfassung, welche der ihrigen entgegenstehet, ere heben, und die Mängel der ihrigen an den Tag bringen; wenn sie lau gegen ihr Vaterland sind, und nichts thun, als was die Strenge des Geseze zes von ihnen verlangt: so verleßen sie doch durch alles dieses gar nicht die Rechte ihres Staats, denn eine solche Denkart kann neben der vollkome mensten Achtung der Gerechtigkeit bestehen. Ich kann eine Gesellschaft sehr unvollkommen eingerichtet finden, und doch gar keine Neigung haben,

ihre Rechte, welche sie gegen mich hát, zu ver Letzen.

Die positiven Forderungen, welche der Staat an mich zu thun hat, sind durch dessen posi tive Geseze bestimmt. Was also diesen nicht wie derspricht, bleibt meiner Freiheit überlassen; sen es auch, daß ich mich als einen unpatriotischen Bürs ger dabei zeige, der eine gegen das Vaterland schlechte, aber doch nicht ungerechte Denkart vets räth. Denn Handlungen der Güte oder Liebese pflichten darf auch der Staat nicht von mir ede zwingen.

Nach dem Rechtsgrundsaße des Nüglichen oder auch des Guten wird man freilich hierüber anders entscheiden müssen. Denn da es offenbar für den Staat nüßlicher ist, wenn alle Bürger mit ihm eine gleiche Gesinnung hegen, und eine entgegenge= feste Gesinnung demselben sehr schädlich seyn kann; da es ferner freilich besser ist, wenn jeder Bürger auch alle Liebespflichten erfüllt: so wird hiedurch jede willkührliche Maaßregel des Staats gerechtfere tiget werden können. Denn daß der, welchen er zwingt, nicht mit ihm einerlei Gesinnung haben werde, ist wohl allemal gewiß.

3) Eine Gesinnung, welche ein offen: barer hinreichender Grund ist, feine volle kommnen Verbindlichkeiten gegen den

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Staat zu übertreten, oder die Rechte des Staats zu verlegen, berechtiget zur Ges walt. Der Staat steht mit seinen Bürgern in dem Verhältnisse eines Vertrages. Er muß sich also darin auf sie verlassen können, daß sie das, was sie im Vertrage ihm versprochen haben, halten wollen, oder daß sie sich wenigstens dazu für verbun den erachten. Hätte daher jemand die Gesinnung, überall keine Verbindlichkeit gegen den Staat ans zuerkennen; so würde er sich dem Staate als einen offenbaren Betrüger ankündigen, wenn er dieselbe laut werden ließe. Denn wer glaubt daß ein Ver trag nicht bindet, wer sich selbst dadurch nicht für verpflichtet hält, und doch andere dadurch zu Dienften gegen sich verpflichtet, betrügt den andern um seine Dienste, oder hat wenigstens den Willen ihn zu betrügen, so bald er nur kann.; Wer also eine solche Gesinnung ankündiget, mit dem kann der Staat sich unmöglich auf die Bedingung eines Vertrags einlassen, und er hat ein offenbares Recht, ihn auszustoßen. Weiter aber kann sich sein Recht zur Gewalt doch nicht erstrecken, wenn er sich nems lich bisher doch vertragsmäßig betragen und die positiven Geseze befolgt hat, geseht er hätte dies ses auch nur aus Furcht oder Eigennuh gethan. Wer also erklärt oder andere belehrt, daß man gez gen den Staat keine Pflichten habe, daß man nicht ver

bunden

bunden fei, feinen positiven Gesehen Gehorsam zu leisten, die gefeßlich vorgeschriebenen Abgaben zu entrichten, daß man den Regenten erniorden, den Staat betrügen dürfe ic. verräth eine Gesinnung, welche ihn zu einen Staatsbürger ganz untauglich macht, und wenn er doch den Staatsvertrag bei dieser Gesinnung eingeht; so will er offenbar bloß die Vortheile des Etaats benusen, ohne die Gegenpflichten zu erfüllen, und ist ein wirklicher Betrüger, mit dem der Staat nichts zu schaffen háben muß. Deshalb, daß er andere von seiner Meinung, daß es nemlich keine Pflichten gegen den Staat gebe, überreden will, darf ihn der Stadt doch nicht strafen, er müßte denn dabei zugleich die Absicht gehabt haben, sich Gehülfen zu'illegåTen Handlungen zu schäffen, wo denn doch bloß der Anfang einer rechtswidrigen Unternehmung, aber nicht die Mittheilung seiner Meinung bestraft würde. Daß eine sträfliche Gesinnung da sei, Lönn aus nichts als aus sträflichen angefangenen bdec ausgeführten Handlungen geschlossen · Werden. Eine bloße spekulative Meinung kann hingegen. gar nicht als ein Beweis der Gesinnung angesehen werden. Wenn daher gleich jemand alle Verbindlichkeit der Verträge, folglich auch des Staatsverz trages, in der Spekulation leugnete; fo folgte doch nicht, daß er überall keine Verbindlichkeit ge; Deutschl. 4s St.

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