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.Die Welt verdankt einen großen Theil nothwendiger und nüßlicher Künste dem erfindsamen deutschen Reichsstädter. Papier, Brillen, Uhren, Gewehrschlösser, Windbüchsen, Perücken erfann der Reichsstädter. Die Buchdruckerkunst ward zu Mainz erfunden. Die ersten deutschen Holzschnitte kamen zu Nürnberg, die ersten Spielkarten in Ulm zum Vorschein. Noch heut, selbst in den kleine sten Reichsstädtchen, steht irgend ein Gewerbe in Blüthe, und die Fürstler gewinnen ihnen den Rang nicht ab. So brennt Nordhausen Brandtwein für achtzig Meilen im Umkreise; die flanellenen Röcke aller obersächsischen Bäuerinnen werden zu Mühlhausen gefärbt und gedruckt; Nördlingen webt Leis newandt für einen großen Theil von Oberdeutschland; ganz Dünkelsbühl strickt Strümpfe.

kleine Gnipen bleicht schöner und weißer als Hola Lands berühmteste Leinenbleichen; seine 466 Büre ger sind die Bleicher der Franken und Schwaben. Wem sind Nürnbergs vielartige Fabrikate, Augs burgs feine Zige unbekannt? Wo werden so lose, schmelzende, vergeistigte Hostien, so bunte Tarock. karten gemacht als in Ulm? 2c.

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Wein Garten- und Feldbau stehen bei dem Reichsstädtern auf der höchsten Staffel der Cultur, Schweinfurth, Windsheim, das anspruchlose Bo pfingen, wo troh dem Spotte der Romanenschreiber,

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nach Verhältniß, nicht so viele Jochen als zu Wien und Berlin, geboren werden, sind oft nach ent. standnem Mißwachs die Speisekammer ihrer aus, gehungerten Nachbarn geworden. Der größern Handelsstädte zu geschweigen, wo der Speculations. geist sich mit Fleiß und Industrie paaren, und sol die Welt mit sich in Concurrenz bringen konnte. Diese zeugen zugleich, daß es dem Reichsstädter nicht an Fähigkeiten zu großen Dingen gebricht, die nur durch den Zusammenfluß von Widrigkeiten, worunter die Mißgunst ihrer Nachbarn keine unbedeutende Rolle spielt, so sparlich aufkeimen und so selten zur Thätigkeit gedeihen, (S. 38.)

» Die Chroniken, die Traditionen, die Volksz fagen und Wiegenlieder der Reichsstädter sind die Belege und Register der ungeheuren Sühnopfer, welche ihre Vorfahren auf dem Altar der nimmer fatten Habsucht darbringen mußten, um das kostbarste Gut, Freiheit, auf ihre Enkel zu vererben. -Daher der hohe Freiheitssinn der Reichsstädter, daher die oft ins kleinliche fallende Eifersüchtelei; die seltsame Schuhgebung, die hartnäckige Beibes haltung vieler uns lächerlich scheinenden Gebräuche und Gewohnheiten, deren Entstehung überhaupt sich in die erste Vorsorge zur Gründung und Bes wahrung der Freiheit verliert und keine andere Zwecke kannte, als dem Verlust eines Guts aus:

zubeugen, deffen Besih durch die Entfagung fo mancher Bequemlichkeit erkauft werden muß. und dessen Mangel dem, der es besessen hat, durch keine Darbietungen erseht werden kann..

Die

» Alle gesellige Tugenden sind verschwisterte Glieder einer Familie, die Kinder einer gemein: schaftlichen Mutter. Judustrie und Freiheitsliebe, die ihre Wohnsitze in den Reichsstädten aufgeschla gen, zogen, Wohlthätigkeit, Gastfreundschaft, Gez radheit, Offenheit und Redlichkeit, diese Hauptzů. ge des deutschen Charakters, in ihr Gefolg. winzigste freie Reichsstadt that es an milden Stif tungen der Residenz des ersten deutschen Fürsten zuvor. Ihre zahlreichen Armenhäuser, Gotteswoh nungen, Pesthöfe und Gasthäuser waren die, Ob. dächer für die an den Bettelstab gebrachten Lane deskinder der Fürsten, die Zufluchtsörter des ge plünderten, die sicheren Ruhepläge des ermüdeten Wanderers, der hier Erquickung, Hülfe und Beistand fand. Sitten und Politur des Auslandes, die, mit dem Rauhen, zugleich das Biedre und Gerade im Charaker der Deutschen, abgefeinert, verfeilt hatten, glätteten nur an der Oberfläche des Reichsstädters. Ueberfluß und Luxus nahmen höchstens einige Umwandelungen mit den Rockschößen, Hüten, Perücken und Schnallen der Männer, einige Abänderungen mit den Miedern, Kozen,

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Säcken, Kontuschen und Hauben der Weiber vor. Religion und Moralität, Gefeße und Handlungen wurden nicht zu Wetterfahnen, mit denen jedes Modelüftchen spielte. Der Reichsstädter beharrte um so vester in seiner angestammten Rechtlichkeit, da er unter dem Drucke derjenigen seufzte denen Redlichkeit fremd geworden war. Er liebte die Tugend ihrer selbst willen, und weil sie feinen Feinden mangelte. Er hielt um so treuer, um so inni. ger an seinen angeerbten deutschen Sitten, je mehr er solche von seinen Bedrückern verachtet, seine Geißler davon entblößt sah. Wenn der Reichs: städter, dem die studierte Feinheit fehlt, in des Fremden Augen, in dessen Sprache Gradheit Steie figkeit, Falschheit Geschmeidigkeit bedeutet, als grob erscheint, so besigt er auch dafür noch seine ganze unverdorbne Kraft, welche ein Volk bedarf, um zu einer edleren Verfeinerung, zu einem allges meineren Seelenadel zu gelangen. Der Reichsstäde ter, gewohnt, feinen graden Weg zu wandeln, kennt die Übergänge der verfeinerten Welt nicht. Er sagt das was er denkt, nicht was er sagen muß, weil er nicht denkt. Er handelt nicht zum Schein sondern mit rührendém Ernst, wenns ihin Ernst zum handeln wird. In seinem Gott grüß euch, liegt seine herzliche Meinung und hinge es von ihm ab, Gott müßte sich unbedingt der Obe

hut desjenigen annehmen, dem er sein Gott be: hüt euch zuruft. Sein bloßer Handschlag ist ihm heiliger, als die mit Unterschrift und Wappensie: gel versehene Urkunde ihrem Aussteller. Sein Wort bricht er nie, traut aber Niemand auf dessen Ehrenwort. Er hegt eine unwiderstehliche Gering: schäßung gegen Titel und Würden, fürchtet nichts so sehr, als Vermischung mit dem Ausländischen, ist mißtrauisch gegen alles, was fremd ist. Er flieht jeden Eintausch und vermeidet dadurch die · Ablegung von dem, was ihm eigen ist. Go fich gleichbleibend, hört er nicht auf, das zu seyn, was er ist, und strebt nicht darnach, das zu werden, was andere find. (41.)

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Goslar genießt außer der reichsstädtschen Frei: heit noch die sehr theuer erkaufte Ehre, den Herzog von Braunschweig zu ihrem Schußherrn zu haben. (S. 42 - 45.)

Goslar, das einst blühende, von Kaisern und Fürsten geehrte Goslar, von wo aus Otto I. Deutschland regierte, wo Heinrich IV. seine Weih: nacht durch weinreiche. Bankette und Turniere hoch: kaiserlich feierte; wo in den Jahren 1114 und 1154 die in jenen Zeiten noch viel unruhigern und freiern Reichstage Deutschlands gehalten wurden, istöde, arm und Menschenleer, von allem entblößt, woraus seine einstmalige Wohlhabenheit entstand

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