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Ja, oft sind ganze Völker noch unmündig, und bedürfen also eines Vormundes. Bei solchen Völ kern übernimmt der Herrscher zugleich die Pflichten eines Vormundes und daraus lassen sich diejeni gen Rechte der Herrscher erklären, welche aus der Natur des Staats allein nicht gefolgert werden können.

A. Was Sie zum Merkmale der vormund. schaftlichen Regierung machen, hat Schlözer zum Kennzeichen des Staats im Gegensaß der bürger, chen Gesellschaft angenommen.

B. Darin ist es eben, worin ich mit ihm nicht ganz übereinstimme. Vortrefflich sagt er zwar ): Gemeines Wohl (salus publica) heißt nicht` der Vortheil der Mehrern, sondern ist das Aggregat der Vortheile aller und je der Individueu. Jeder agirt entweder mit Andern, um selbst dabei sogleich zu profitiren, oder er thut etwas für den andern, aber nur vorschußweise und in Erwartung ähnlicher Gegendienste. Aber ich halte es nicht nur für gefährlich, wenn man dem Herrscher die Macht läßt, mich zu nöthigen, daß ich mir ein Gut verschaffe, welches ich nicht genie Ben will, oder das ich Andern einen Vorschuß leis ste, an dessen Erstattung die Andern nicht denken

*) Metapolitik §. 18.

werden, sondern es ist auch äußerst gewagt, wenn man besser, als der Andere wissen will, was ihm zuträglich sen. Überhaupt lassen sich hierbei folgen. de zwei Fälle unterscheiden: entweder das Volk ist aufgeklärt oder nicht. Im erstern Falle bedarf es der Leitung nicht, im zweiten wüßte ich nicht, wo die Herrscher selbst die zur Leitung Anderer erfor, derliche Aufklärung sollten hergenommen haben, denn, wohl zu bemerken, mit der Aufklärung eini, ger Wenigen ist es nicht gethan, weil der Herr scher zu vieler Mittelspersonen bedarf, die er nur aus dem Volke selbst nehmen kann.

A. Es gibt ein drittes, lieber Freund, und Nur der besser dieses dritte finden Sie überall. erzogene Theil der Nation ist aufgeklärt; dieser mug die Übrigen leiten,

B. Aber womit? Mit der Hand oder mit dem Stricke?

A. Was wollen Sie damit sagen?

um

B. Ich meine es fo. Das Licht der Weisheit und der Aufklärung drängt sich nicht, wie ange zündetes Schießpulver durch Explosionen auf. Es schlägt uns nicht die Thüren und Fenster ein, Wirkung bei uns zu thun. Es ist genug, daß es uns eine wohlthätige Wirkung empfinden lägt, um ihm alle Eingänge zu öffnen; auch bedarf es nur eines Riges, um in die verschlossensten Gemä:

cher ohne Gewalt einzuschleichen. Aber wenn sie den Knaben durch Schläge nöthigen wollen, nach dem Lichte zu sehn, so verschließt er die Augen nur um so hartnäckiger. Ist nur der zehnte Theil der Nation aufgeklärt so werden die übrigen neun Zehntheile ohne Zwang dem Lichte folgen, welches ihm seine Führer vortragen.

A. Ja, wenn das Volk nicht Jrrwische für Fackeln, und Meteore für Sterne hielte, und wenn nicht gar zu oft die heilsame Wirkung des Lichts durch die zerstörende Gewalt des Feuers der Leidenschaften vernichtet würde! Wollen Sie den Kaufmann, der sich auf Unkosten des ganzen Staats bereichern will, durch bloße Ermahnungen abhal: ten, eine dem Staate nachtheilige Spekulation zu verfolgen?

B. Wo die Pflicht der Selbsterhaltung gebeut, bedarf der Zwang keiner weitern Rechtfertigung. Aber wenn der Staat, um seine Bürger reicher zu machen, gewisse Unternehmungen befiehlt und andre verbietet, wenn er gewisse Meinungen mit Ge walt ausbreiten oder unterdrücken will, so weiß ich dieß aus der bloßen Natur der Staatsgewalt nicht zu rechtfertigen. Wenigstens ist so viel ge= wiß, daß sich ein sehr aufgeklärtes Volk denken lasse, welches seinen Herrschern dergleichen Schritte nicht erlaubt. Daher kann ich nicht mit Schlözern

annehmen, daß die positive Beförderung des ge meinen Wohls ein Merkmal sei, wodurch sich der Staat von der bloßen bürgerlichen Gesellschaft unterscheidet. Verfassungsmäßiger Zwang kann auch allein zur allgemeinen Sicherheit angewendet werden, und die Wiege der meisten Staaten war die Eigens macht des Herrn oder Hausvaters, welche sich erst in der Folge in einen ordentlichen Staat entwickel te. Da nun der Herrscher gewohnt war, das Wohl der Diener nur, in so fern es zu dem seinigen führte, zu beachten, und auch wohl die erwachse nen Kinder noch als unmündig zu behandeln, so läßt fich der Zwang leicht erklären, welcher angeblich zur Beförderung des positiven Wohls der Einzelnen angewendet wurde. Was meinen Sie wohl, wird nicht die Nation, je mehr sie mündig wird, auch um so mehr darauf Bedacht nehmen, daß ihr Herrscher ihre Freiheit nicht ohne Noth oder wohl gar aus vermeinter guter Absicht zu ihrem Nach, theil einschränke.

A. Ich sehe wohl, wo Sie hinaus wollen. Sie wollen nähmlich zu verstehn geben, daß der Staat bei seiner ersten Entstehung dem Regenten eben deßwegen eine uneingeschränkte Gewalt eins räumen werde, weil das Volk die damit verbunde nen Mißbräuche noch nicht kennt. Ich gebe auch gerne zu, daß dieses gedrungen durch die übeln

Folgen der Anarchie seinem Herrscher gleich anfangs ohne alles Bedenken alle die Macht einräumen werde, welche erforderlich ist, wenn das, was nur gesellschaftliche Kräfte zu leisten vermögen, bewirkt werden soll. Je unmündiger das Volk selbst ist, desto weniger wird es im Stande seyn, den Unters schied zwischen einem Regenten und einem Vormunde zu empfinden, ja, es wird sogar gerne sehn, daß der Herrscher sich als einen Vormund des Volks betrachte, weil er eben dadurch die Verbindlichkeit anerkennt, nicht zu seinem eigenen, sondern · zu des Volkes Besten zu wirken. Aber eine Höflichkeit erfordert die andre. Ich hoffe, Sie werden nun auch eben so bereitwillig eingestehn, daß eine, auf eine rechtliche Weise durch die Einwillis gung Aller entstandene bürgerliche Gesellschaft, überhaupt sich nur ungern einer Herrschaft unterwers fen, und also auch sehr abgeneigt seyn werde, dem Herrscher ein größres Recht einzuräumen, als zu ih rer gemeinschaftlichen Sicherheit erforderlich ist. Von Zwang zu Beförderung des positiven Wohls wird also anfänglich nicht die Rede seyn: aber glauben Sie wohl, daß die äußere und innere Sicherheit des Staats ohne Macht, Macht ohne Reichthum, Reichthum ohne kluge Leitung der Staatskräfte bestehn könne? Wird also nicht das Volk oder die Regierung, oder der Herrscher, welcher an des Vol

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