網頁圖片
PDF
ePub 版

Spalding übt in seinen Unterredungen zwei Künste, die beide den meisten Menschen und fast noch mehr den meisten Gelehrten zu fehlen scheis nen. Er versteht zu fragen und versteht anzuhö. ren. Ich habe fast nie einen Mann gesehen, der selbst so angenehm spricht und so ausgebreitete mane nichfache Kenntnisse hat und dennoch mit der Rus he und Aufmerksamkeit den andern ganz aushört. Nichts bezeichnet aber so sicher den gesetzten Mann und ernstlichen Wahrheitsforscher als diese Fähigs keit die kleinen und großen Einwürfe, die jedem denkenden Menschen und vernünftigen Zweifler fast bei jeder Rede des Andern aufsteigen, an sich halten zu können, bis der Andre sich, ganz erklärt hat und seine Meinung ganz gefaßt worden ist; und nichts bezeichnet sicherer den Mann von Cha rakter und ächter Bescheidenheit als die Ruhe, wel: che den andern alles das willig vorbringen läßt, was seine Rede andeutet und verheißt, ohne mit Gier nach der eitlen Ehre des Errathens, wo der Andre eigentlich hinaus will, zu jagen, eder ihm

längst be

gar das Resultat als wäre es eine uns kannte Sache, als wäre es unsre eigne alte Meis nung gewesen, vorweg zu nehmen. Dieses ruhige Anhören ist überdies nothwendig um die Meinung des Andern wirklich zu erfahren. Die Kunst zu fragen hat ebenfalls ihre besondern Vorschriften.

Außer den Vorsichtsregeln, welche die Billigkeit und Menschlichkeit jedem guten Menschen beim Fragen fühlbar machen, will die Klugheit, daß ich die Frage nicht also stelle, daß meine eigne Meis nung schon daraus erhellt. Wenige Menschen has ben den Muth ihrem Gegner, besonders wenn dieser ein angesehener und achtungswerther Mann ist, ins Gesicht zu widersprechen, und fallen, oft blog aus Mißtrauen zu ihrem Sprachtalent, wenn auch nicht ganz doch einigermaßen der Meinung des andern anscheinend bei. Den meisten Gelehr ten ist aber auch nur darum zu thun immer mehr Stimmen für ihre Meinung zu sammeln, oft be gnügen sie sich gern mit der offenbar blos an scheinenden Beistimmung und schmeicheln sich in füßem Selbstbetrug.

Von dieser Schwachheit scheint mir Spalding (und so auch Teller) ganz fren zu seyn und ich bin nie auf den ersten Anblick von einem Menschen inniger überzeugt gewesen daß es ihm um Ergründung der Wahrheit, ernstlich zu thun sei.

Unfre Unterredung ward von neuem auf eine angenehme Weise belebt durch die Hinzukunft seiz nes jüngern Sohnes, der mich gleich beim Eintritt ins Zimmer durch seine große physiognomische Aehn. lichkeit mit dem Vater für sich einnahm. Es ist ein süßes Gefühl das Wesen eines ehrwürdigen Greis

ses in seinen Kindern verjüngt und vervielfältigt zu sehen: nie genoß ich es angenehmer als in die fem Augenblick; nie hab' ich in meinem Herzen eis nen braven Vater glücklicher gepriesen als da ich Epuldings Haus verließ. Als Philolog und Dich ter war mir der junge Mann schon aus einigen Dissertationen, Auffäßen und Gedichten in der berlinischen Monatsschrift bekannt, und so sucht ́ich unser Gespräch

welches bis dahin über einis gen Materien weilte die Spalding in seinen vorz trefflichen Vertrauten Briefen kürzlich so sein behandelt hat, und uns eben auf den unglücklichen Doctor Barth, den ich kürzlich in Halle gesehen, geführt hatte ich suchte es nun auf Barths Ver: dienste als Philolog zu lenken. Und bald ward es eines der lebhaftesten und reichhaltigsten die ich je geführt habe. Der junge Mann war noch ganz voll einer angenehmen Reise auf welcher er mit den edlen Brüdern Stollberg und mit Ebert und andern würdigen Männern sehr frohe Tage gelebt hatte. In seinen Schilderungen, Bemers kungen und Anspielungen, die zum Theil eine eig ne wißige Anwendung hatten, zeigte er eine Unbe: fangenheit und Reinheit des Charakters, die mich ganz für ihn einnahm. Seine Offenheit und Freio müthigkeit, die er im Angesichte seines ehrwürdi gen Vaters so ganz frei und auf seine eigne ju

gendliche Weise äußerte, wurde von dem edlen Vater so natürlich und rein aufgenommen und ers wiedert, wie nur immer zwei junge Herzensfreunde Meinungen und Urtheile wechseln und theilen mős gen; und so vollendeten beide den wohlthätigen Eindruck den sie auf mich gemacht auf die erfreu lichste Weise. Ich wußte oft nicht ob ich mehr die gründliche Einsicht des Sohnes oder die unglaub, lich ausgebreitete Belesenheit des Vaters in allen Fächern, in neuen wie in alten Eprachen bewun dern sollte. Doch in diesem Augenblick, da ich mir so ganz das schöne Bild der reinen Mensche heit dieses liebenswürdigen Paares vergegenwärtis ge, ist mir jener Umstand, gegen den moralischen Eindruck den sie mir gelassen, kaum des Erwäh. nens werth, denn was ist alles Wissen und Vers stehen gegen ächte moralische Güte! Ja wenn dies se nicht durch jenes bewirkt wird, macht sie den Gelehrten nur um so verächtlicher, je größer das Maaß seiner Kenntnisse ist.

Ich freue mich, wie es mir selten wird auf die nähere Bekanntschaft dieser beiden Menschen; Sie haben mir auch durch das Anerbieten uns in eine wöchentliche Gesellschaft einzuführen in welcher wir die trefflichen Männer, Dietrich, Teller, Sack, Zöllner u. a. m. finden sollen, dazu eine Aussicht mehr eröffnet.

So hat uns auch Teller durch das ähnliche Anerbieten für einen gelehrten Clubb, in welchem fich wieder andere Berlinischen Gelehrte und Künst: ler versammeln, die angenehmste Art von Hospita lität erwiesen.

Ich wünschte im Stande zu seyn dir diesen in seiner Art eben so vortrefflichen Mann getreu dars stellen zu können, und Du würdest zwei gleich ach. tungswerthe Charaktere von großer Physiognomis scher Verschiedenheit vor Dir haben. Teller ist ein kleiner etwas starker Mann. Sein ganzes Wesen ist Leben und Geradheit. So auch alle seine mündlichen Aeußerungen. Dabei ist er gewand und wißig in seinen Wendungen. Er spricht gern und angenehm, bis auf den obersächsischen Dialect, an den ich mich nie gewöhnen werde. Er hat eine feine fatyrische Ader, die aber durch seine unverkennbare Gutmüthigkeit so gemildert wird, daß sie nie be leidigt, nur seine Unterhaltung angenehmer und lebhafter macht. Er versteht sich auch aufs fra gen, fast möcht' ich sagen, er versteht sich aufs Ausfragen; er weiß seinen Fragen eine Stellung zu geben die den Antwortenden auch zu Hervor bringung solcher Dinge, die man sonst wohl bei den ersten Unterredungen zurück zu halten pflegt, sicher macht. Welches auch wohl eine natürliche Folge von der freimüthigen und dabei freundlichen

« 上一頁繼續 »