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„Wenn wir hier Weinberge anlegen und die wüsten Felder

in Kultur bringen "

„Das kann jeder Bauer so gut wie du."

„Nein, Sibylle, das kann er nicht. Denn ich denke mir mehr dabei und lege vieles in die Erde hinein, was nur für 5 mich aufgeht und mir doch die Geheimnisse der ganzen Welt erschließt."

„Geh schlafen, Hein. Ach Gott, Hein, du bist ja schon im Winterschlaf."

In dem Gesicht des jungen Mannes zuckte es auf. „Ich 10 weiß, was ich tue. Und der Vater hat genug an einem Ausreißer."

„Gute Nacht," sagte sie.

„Gute Nacht," entgegnete er zornig und warf hinter sich die Tür ins Schloß.

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Wenige Tage vor Weihnachten setzte eine bittere Kälte ein. Die Winzer und Bauern famen nicht aus ihren Behausungen hervor, und das Dorf und das Land lag ohne Laut. Der alte Schmitz aber, der seit Jahresfrist die Geschäfte des Gemeindevorstehers führte, mußte sehr Wichtiges 20 haben, daß er mit eisverklebtem Bart und unter seinem Körpergewicht schnaufend den Weg nach der Burg suchte.

„Das ist eine angenehme Überraschung," begrüßte ihn der Hausherr.

„Die Überraschung kömmt erst."

„Jedenfalls freue ich mich, daß Sie da sind. Also nur

heraus mit der Neuigkeit."

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Geben Se mir en Glas Rotwein. En bißchen ange= wärmt, wenn ich so frei sein darf.“

Der Hausherr holte selbst den Wein, wärmte ihn über dem Kaminfeuer an und schenkte die Gläser voll.

„So," meinte er, „jetzt hätten 1 wir uns gestärkt. Setzen Sie sich. Also die Burg kömmt unter den Hammer." 2

Der Hausherr saß, ohne sich zu bewegen. „Ich habe es längst befürchtet," sagte er dann und tat einen schweren Atemzug.

„Ich auch, Freund, und wir haben ja als wohl mal darüber gesprochen. Die Burg gehört nach Köln, un dat_linksrheinische Kirchengut is schon seit Jahr un Tag meistbietend versteigert. Jetz geht et an die rechtsrheinischen Liegenschaften, un nu wären wir an der Reihe." 4 „Haben Sie einen Vorschlag, Schmitz?" „Sie müssen dat Dings selber erstehen."

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„Das kann ich nicht, Schmitz. Sie wissen selbst am besten, über welche Mittel ich verfüge."

„Ich bin hier der Gemeindevorsteher und habe von oben 20 her soeben die Weisung erhalten, mich dem Kommissar, den se von Köln herschicken, zur Verfügung zu stellen un Kauflustige aufzubieten. Da hab' ich denn heute früh schon einen Eilboten nach Köln abgefertigt, dat ich den Herrn Kommissar am vierundzwanzigsten Dezember erwarten möcht. Dat 25 wäre der geeignetste Zeitpunkt."

„Herr Gottam Christabend?"

Dem alten Schmitz schien des Freundes Schreck ein Ver

gnügen zu bereiten, denn er rieb sich behaglich die Hände. „Zunächst,“ meinte er, „is et jet grad so kalt, dat die Leut nit gern lang auf der Straße stehen. Un zum zweiten hat am Christabend kein Mensch Geld.“

Der vierundzwanzigste Dezember kam, und der Regierungs- 5 bevollmächtigte, der schon die kleinen Klostergüter der Nachbarschaft unter den Hammer gebracht hatte, war mit seinem Sekretär eingetroffen. Die Kälte sang in der Luft und drang bis ins Mark. Und der Joseph hatte schlecht ge= heizt.

Der Alte von der Burg, der Eremit von Breitbach, überbot alle Anwesenden. Er erstand die Burg für 2500 Taler.

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„Heinrich von Einsiedel,“ unterschrieb er mit fester Hand die Kaufurkunde. Und der Joseph zählte mit einer stolzen 15 Gebärde reihenweis das Geld auf den Tisch, als wäre er es, der die Burg erworben hätte.

Der Alte sah mit seinen klaren Augen nach dem Freunde hin. Und die beiden Männer schritten aufeinander zu und schüttelten sich wortlos die Hand. Am Abend aber brannte 20 die Weihnachtstanne in der freien Burg, auf dem freien Erbe. Und das Weihnachtslied drang aus frohbewegter Menschen Mund über die verschneiten Halden hinab zum Rhein, hinauf zu den Weinbergen, und es flang wie ein rheinisches Lied.

Gott schütz' uns die Heimat," sagte der Alte, und seine Brust weitete sich.

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Frost und Schneegestöber ließen nicht nach in diesem harten Winter, und die Sonne zeigte sich im Januar und Februar nur auf kurze Stunden. Der Vater hatte mit Joseph die Inventaraufnahme gemacht und saß rechnend und 5 schreibend auf seinem Zimmer. Da waren Hein und Sibylle Wochen hindurch mit sich allein.

IX

Im alten Burghaus herrschte Morgenstille. In der Frühe war Hein vom Vater nach Bonn geschickt worden, um einige seltene Sämereien einzukaufen. Joseph säuberte 10 im Gemüsegarten den Winterkohl vom Schnee und setzte die Gerätschaften instand, denn zum erstenmal war die Märzsonne siegreich durchgedrungen. Und die alte Barbara schälte in der Küche Kartoffeln zur Suppe und schabte einen Hecht, der sich im Rhein hatte fangen lassen.

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„Du könnetst mir heute morgen bei meinem Schreibwerk helfen, Sibylle," sagte der Vater, und sie folgte ihm willig auf sein Arbeitszimmer.

Der Alte blätterte in den Briefen, die noch der Erledigung harrten. „Ich habe so lange nicht an Barthel geschrieben, 20 der jetzt mit der ersten Sonne wohl nach Brügge und Gent ausgeflogen sein wird. Denn vom Mai an wollte er doch im Atelier des Kirchenmalers Gerolt in Köln seine Tätigkeit beginnen. Der brave Bursche. Wie er sich wohl auf seinen eigenen Füßen zurechtfinden wird?"

"Ist er denn so unpraktisch, Vater?"

„Er ist — ich möchte fast sagen: zu ehrlich und zu glaubensselig, und so wird er oft und gern im Leben ausgenußt werden. Ich hoffe, er findet einmal eine wackere und wirtschaftliche Frau."“

„Der Barthel? Ach ja, er ist schon fünfundzwanzig.“

„Wenn er sich nur nicht in dieser Frage von falsch ange= brachten Gefühlsregungen leiten läßt. Ernsthaft, Sibylle, ich mach' mir des großen, leichtgläubigen Menschen wegen wirklich Sorge. Und Köln ist eine fröhliche Stadt."

„Sie soll sehr französisch sein, Vater."

„Nicht im Kern. Sie gibt sich nur das Ansehen, um nicht noch mehr ausgepreßt zu werden. Aber ob der Barthel da hineinpaßt mit seinem schlichten Wesen?"

Sie blickte in die Ferne.

Du möchtest wohl selber hin, Sibylle?"

Das Mädchen sah rasch zu ihm auf. „Ich - Vater?" Und das Herz begann eilig zu pochen.

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„Es war nur ein Scherz. Aber jetzt, da ich ihn ausgesprochen habe, scheint mir der Gedanke gar nicht so unsinnig 20 mehr."

„Welcher Gedanke, Vater? -"

„Daß du deinem Bruder die Wirtschaft einrichtetest und sie ihm einige Zeit führtest, bis er sich eingelebt hätte. Wahrhaftig, Sibylle, das wäre gar kein schlechter Ausweg. Der 25 Barthel würde sich rein jungenhaft freuen und hätte ein Stück Heimat."

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