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ziger, etwas gichtig schon. Deshalb nahm ich auch keinen Anstand. Und von durchaus kavaliermäßigem Wesen. Er behandelte Sibylle bei Tisch wie eine Dame, und nach Tisch bat er sie, ihm eine Stelle vorzuspielen, die sie studiert hatte. 5 Da spielte sie mit allem, was in ihr war.

Dann fragte Sibylle: Was raten Sie mir zu tun?'

And er antwortete:

der Kunst zu stellen.

Ihr Temperament in den Dienst Wenn der Herr Bruder es gestattet, engagiere ich Sie für meine Künstlergesellschaft und führe 10 Sie an meiner Hand die Höhen hinauf.'

Ich widersprach. Ich versagte meine Einwilligung. Ich versuchte sogar zu befehlen. Und der Chevalier sah mich verwundert an und meinte: Ihre Schwester wird überall die Dame sein, und so und nicht anders wird man ihr begegnen. 15 Dafür bürgt Ihnen das Wort des Chevaliers de Montbrun."

Der Alte von der Burg saß zurückgelehnt in seinem Holzsessel. Und während er mit Anspannung seiner Gedanken dem Bericht Barthels folgte, kam ihm auf einmal in den Sinn, daß in dem gleichen Holzseffel die Mutter Sibylles 20 von ihrer Flucht ausgeruht hatte, bevor sie sich zum Sterben legte, und sie hatte gesagt: „Die kleine Sibylle ist ein wild, phantastisch Ding und weit über ihre Jahre hinaus. Ein herzenslieb Kind, aber von aller Welt verwöhnt."

„Und wie entschied Sibylle, Barthel?" fragte der Vater. 25 „Sie sah mich groß an, Vater, und war ganz blaß im

Gesicht. Und sie sagte: „Ich hätte ja auch heimlich gehen fönnen, Barthel, aber das litt mein Stolz nicht, daß der

Vater und der Hein meinen, ich hätte in Köln die Gelegenheit benutzt wie der Johannes in Bonn. Deshalb berede ich offen meine Pläne mit dir und habe keinerlei Geheimnisse."

„Sibylle . ." murmelte Hein.

„Vater," fuhr der Barthel fort, „ich dachte, daß es, wenn 5 nicht gegen, so doch ohne Euern Willen geschähe, und sträubte mich weiter. Da trat sie dicht vor mich hin und sagte, während ihre Hände zitterten: Zwing mich nicht, heimlich zu gehen. Denn dann könnte ich niemals wiederkommen.' Da gab ich nach."

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Und der Alte im Holzsessel dachte: Zwölf Jahre sind es nun, daß die fremde Frau mir ihre Kinder brachte und im Sterben nach ihnen schrie. Mutteraugen, die sich schließen wollen, haben den Prophetenblick. Und sie sorgte um den Johannes und rief ihn, ihren heißblütigen Jung', und der 15 Johannes ist seinem heißen Blut gefolgt. Und sie jammerte nach ihrem kleinen Mädchen und lauschte: „Die Sibylle hör' ich weinen, ganz still, ganz für sich hin, wie sie es tut, wenn fie weint.

„Die Sibylle ist fort, Barthel?"

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„Gestern abend nach Koblenz, Vater, und von Koblenz über Trier nach Paris. Das einzige, was ich dir mitbringe, ist das Wort des Chevaliers, daß er sie vor jeder Unbill schüßen und wie seinen Augapfel hüten werde."

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Da lachte der Hein verächtlich. Was will der Komödi- 25 ant? Nachdem die Sibylle ihr Wort gegeben hat!" Und plötzlich schlug er die Hände vors Gesicht, und ein erschütterndes

Schluchzen rüttelte seinen Körper, und ein einziger aufschreiender, nach Luft ringender Ton drang aus seiner Kehle.

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„Vater,“ sagte der Barthel, und seine Stimme schwankte, „Vater, Hein, ich stehe wie ein armer Sünder vor euch 5 Als deine Mutter starb," sagte der Alte von der Burg, „sprach sie von ihren Kindern. Um den Barthel — nein, um den Barthel sorg' ich mich nicht. Und das spreche ich deiner Mutter nach, Barthel. Du wirst immer den rechten Weg gehen und bist ihn auch hier gegangen."

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Es famen Briefe aus Paris in Sibylles kräftiger und eiliger Handschrift. Sie berichtete über die große, menschenangefüllte Stadt, in der das Leben so stark und schnell pulsiere, daß man ihm oft nicht zu folgen vermöge, und jeder Tag eine neue Welt hervorzaubere. Von den Palästen und 15 Kunstdenkmälern berichtete sie und von den Museen, angefüllt mit den Schäßen aus aller Herren Ländern.

Trüber flangen die Briefe, die Barthel schrieb. Der große, unbeholfene Mensch fand sich nicht mehr zurecht in Köln, und die Einsamkeit drückte ihn unter den vielen Men20 schen. Zu Hause wirtschaftete er allein, und an Sibylles sorgende Hand gewöhnt, wollte es ihm nicht glücken, und er fürchtete sich bald vor der Leere, die ihn daheim erwartete, und so blieb er lieber bis in die späte Nacht in der Malerwerkstatt und schaffte für den Meister mit.

Eines Tages als er vor der Staffelei stand und malte, hatte er das Rascheln von Frauenröcken vernommen und sich schnell umgewandt.

„Monsieur Barthel. Ist der Vater nicht hier?"

„Der Herr Vater ist nicht zugegen, Fräulein Josepha. Soll 5 ich ihm einen Auftrag ausrichten, falls er noch kommt?"

Sie stand vor seiner Staffelei, reckte das wohlfrisierte Köpfchen in die Höhe und betrachtete aufmerksam das werdende Bild.

„Diese Madonna ist sehr schön. Wem gleicht sie doch?“ Er trat prüfend einen Schritt zurück. Sie wird wohl

ein wenig meiner Schwester Sibylle gleichen."

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„Ich habe diese Ähnlichkeit schon mehrere Male bemerkt, Monsieur Barthel. Ich sage nichts dagegen, aber ich meine, es würde für Ihre Kunst von großem Vorteil sein, wenn Sie 15 auch einmal andere Frauen studierten.“

„Ohne Zweifel, Fräulein Josepha. Und ich hoffe es auch bald zu tun."

Jetzt blickte sie nach ihm hin und nickte ihm zu. Und das Blut klopfte ihm merkwürdig heiß in den Schläfen. Das 20 bemerkte sie, und sie ging langsam weiter.

„Adieu, Monsieur Barthel. Darf ich einmal wiederfommen?"

„Fräulein Josepha, ich glaube, es wird meiner Arbeit nicht schaden."

„Aber Sie müssen ritterlich sein, wie heute, und nicht an Abenteuer denken, wenn ich allein komme.“

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Darüber grübelte er nach, als sie gegangen war.

Da packte er den Pinsel und legte seiner Madonna eine goldglänzende Borte um den Gewandausschnitt.

Täglich dachte er: ob die Josepha kommen wird? Und 5 wenn er am stärksten an sie dachte, kam sie. Oft in der Morgenfrühe, oft in der Abenddämmerung.

„Ich möchte Sie malen, Fräulein Josepha. Der Herr Vater erlaubt es."

"Damit habe ich es noch lange nicht erlaubt."

„Fräulein Josepha, es soll eine Madonna im Rosenhag werden."

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„Das läßt sich hören. Eine Frau hat zu ihrer Schönheit nichts nötig als Rosen, Rosen. . . . Aber woher wollen Sie Rosen im April nehmen?“

„Fräulein Josepha," sagte er. Und er ging wie ein. Trunfener auf sie zu und küßte sie auf die Wange. Und da sie sich nicht wehrte, lachte er wie ein glücklicher Knabe. „Da blüht schon die erste auf Ihrer Wange, Fräulein Josepha, und wenn Sie wollen, kann es ein ganzer Garten werden.“

Sie regte sich nicht und sah ihn nur forschend an.

„Josepha,“ rief er, „magst du mich leiden? Josepha, willst du meine Frau werden?" Und bei jeder Frage füßte er sie, daß sie gar nicht zur Antwort kam. Dann gingen sie zusammen in Meister Gerolts Haus, und Meister Gerolt und 25 seine Frau taten gar nicht sonderlich erstaunt, als sie das Paar eintreten sahen, und gaben ohne Zögern das Jawort.

Die Hochzeit wurde nicht lange hinausgeschoben, und

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