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warme und eingehende Beurteilung, welche Lessing noch erlebte, brachte die Akademie der Grazien in dreizehn Briefen an Madame B., deren ungenannter Verfasser Professor Schütz in Halle war. Der erste theatralische Versuch freilich, den Drebbelin in Berlin machte, mifslang vollständig. Erst Schiller, der den Nathan für die Weimarer Hofbühne bearbeitete, gelang es, demselben einen Platz auf den Brettern zu erobern und ihm von da aus den Weg auf alle Bühnen der gröfseren Städte Deutschlands zu bahnen.

Im Jahre 1782 erschien der Mönch vom Libanon, ein Nachtrag zu Nathan der Weise", mit dem Motto: Tois homois ir nagaßolais, und im Jahre 1785 eine zweite, sehr veränderte Auflage. Verfasser dieser Schrift, die von seinen Zeitgenossen mit viel Beifall aufgenommen wurde, war J. G. Pfranger, Hofprediger zu Meiningen. Der Verfasser des Mönches vom Libanon wurde am 5. August 1745 zu Hildburghausen geboren. Trotz aller Talente, die er schon in früher Jugend zeigte, wurde er dazu bestimmt, das Gewerbe seines Vaters, das eines Lohgerbers, zu erlernen. Allein Pfranger wufste seinen Willen, der nun einmal auf das Studium ging, durchzusetzen und ging nach Coburg zum Besuch des dortigen Gymnasiums. Noch einmal, beim Tod seines Vaters, versuchte seine Mutter, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, aber er blieb standhaft, und bezog, freilich unter den kümmerlichsten Verhältnissen, die Universität Jena, wo er bei Walch und Polz Theologie und Philosophie hörte. Schon im Jahre 1772 kam er als Pfarrsubstitut nach Strefsenhausen und im Jahre 1776 bekam er den Antrag zur Hofpredigerstelle nach Meiningen und behielt dieselbe auch bis zu seinem am 10. Juli 1790 erfolgenden Tode. Pfranger war als Schriftsteller ungemein thätig, und wenn sich auch seine Hauptthätigkeit als solche hauptsächlich auf das pastorale und theologische Gebiet erstreckte, so fand er doch noch Zeit und Mufse, auch seine poetischen Anlagen zur Geltung kommen zu lassen. Seine nach seinem Tode von J. E. Berger herausgegebenen Gedichte, die aufserdem eine ausführliche Biographie, teilweise aus der Feder seiner Gattin, enthalten, zeigen allerdings kein hervorragendes Talent, wohl aber an vielen Stellen, und namentlich in seinen geistlichen

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Liedern, warme Empfindung! Manche derselben erinnern lebhaft an entsprechende Stellen in dem Mönch vom Libanon“, und namentlich das in seiner Art charakteristische Gedicht Gewifsheit der Auferstehung" weist direkt auf einen dasselbe Thema behandelnden Dialog im „Mönch" hin. Was Pfranger als Mensch und als Schriftsteller war, sagt Jördens im Anschlufs an die obengenannte Biographie: „In diesem Amte nämlich dem eines Hofpredigers in Meiningen erwarb er sich die ganze Achtung und das Zutrauen, dessen er nach Geist und Herz so würdig war. Vornehm und Gering schätzten seine Wahrheitsliebe und Redlichkeit, seine stille Frömmigkeit, seine anspruchslose Gelehrsamkeit, und suchten seinen Umgang, den er durch Witz und Laune und vorzüglich durch schätzbare Bemerkungen über Welt und Menschen sehr angenehm und anziehend zu machen wufste. Am meisten liebte er die stillen Freuden des häuslichen Lebens. Er gab bei mehreren Gelegenheiten Beweise einer aufgeklärten Denkungsart, und benutzte das Gute, was er in den Schriften der Neueren fand, ohne deswegen die Verdienste der Alten zu verkennen. Überall bemerkte man an ihm den Mann, der gewohnt war, über die wichtigsten Gegenstände des menschlichen Wissens selbst nachzudenken. Seine Liebe zur Wahrheit war unbestechlich, und er warnte ohne Menschenfurcht vor herrischen Thorheiten und Modesünden. Und doch hörte man ihn gern, und selbst Grofse, denen Widerspruch oftmals so unerträglich ist, schätzten ihn nur um so höher; denn was er sprach, kam vom Herzen, und er wufste zu rühren, wie es wenige können. Mit der Offenheit seines Charakters verband er eine musterhafte Bescheidenheit. Er haschte nicht ängstlich nach Lob und Beifall. Er trat als Schriftsteller auf, aber er arbeitete langsam und war streng gegen seine Arbeiten, ehe er sie dem Druck übergab. Er würde vielleicht sehr wenig oder gar nichts für das Publikum geschrieben haben, wenn ihn nicht der Wunsch, Gutes zu wirken, und die Sorge für seine immer gröfser werdende Familie dazu ermuntert hätte. Er war unstreitig einer der beliebtesten und vorzüglichsten Prediger seiner Zeit. Seine Vorträge waren so reich an Gedanken, in eine so schöne, edle Sprache gekleidet, so voll praktischer Lebensweisheit, dafs sie immer Eingang in

die Herzen seiner Zuhörer fanden. Er empfahl vorzüglich thätiges Christentum, nicht nur durch Lehren, sondern auch durch seinen frommen Wandel. Er lebte wie er lehrte. Das Publikum hat Pfranger aus seinen Predigten als einen vortrefflichen Kanzelredner kennen gelernt. Überall findet man den Denker und Menschenbeobachter, der in seine Vorträge eine brauchbare Philosophie des Lebens zu verweben weifs, den geübten Mann, der die bekanntesten Dinge durch neue Darstellungen und Wendungen interessant zu machen versteht, den toleranten Moralisten, der nicht kanzelt und poltert und doch derbe Wahrheiten sagt, sie aber mit Bescheidenheit vorbringt, und dem der Andersdenkende gern auch seine Anhänglichkeit an das kirchliche System, die hier und da durchschimmert, zugute hält. Pfranger besafs bei einem sehr gebildeten Verstand eine lebhafte Phantasie, die ihm immer die schönsten und fruchtbarsten Bilder darbot, wodurch er seinen Vortrag besonders anziehend zu machen wufste. Als Dichter hat er die Poesie der Deutschen zwar nicht mit ausgezeichneten Meisterstücken bereichert, aber die sanften, frommen Empfindungen, die er mehrenteils in einer fliefsenden Sprache vorträgt, machen, dafs man seiner Mufse gern zuhört. Überall verrät sich in seinen Gedichten Empfänglichkeit für das Schöne und Reiche der Natur und Sitten, die aber durch Kritik und Poetik noch zu keinem sicheren Takt ausgebildet worden. Einzelne wahrhaft schöne Stellen trifft man allenthalben auch selbst da an, wo das Ganze uns minder gefällt. Eben das gilt von seinen geistlichen Liedern. Manche derselben können den besten unserer Liederdichter an die Seite gesetzt werden.“

Was nun die eigentliche Entstehung seines Mönch vom Libanon betrifft, so wissen wir aus der Erzählung seiner Gattin, dafs ihm schon die von Lessing 1778 herausgegebenen Fragmente viel zu schaffen gemacht hatten. „Als Lessings Nathan erschien und so allgemeinen Beifall fand, so gab ihm das Veranlassung den Mönch vom Libanon, Dessau 1782, zu schreiben. Nicht eben um mit Lessing eine Lanze zu brechen, sondern um manche Ängstliche zu beruhigen und zu zeigen, was das Christentum auf so manchen witzigen und scheinbaren Einwurf des Lessingschen Dramas antworten könnte.

immer ein Wagestück, sich neben Lessing zu stellen. Aber es war gar nicht Pfrangers Absicht, zu einer Vergleichung mit Lessings Meisterwerk aufzufordern. Daher kein polemischer Ton, kein zürnender Seitenblick auf Lessing, aber gewifs schöner und starker Stellen viele."

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Unter den gleichzeitigen Kritiken möchte ich diejenige der ,,Göttinger gelehrten Anzeigen" und die der „Allgemeinen deutschen Bibliothek" besonders als eingehend, freilich auch zu verschiedenem Resultat gelangend anführen. Die ersteren sagen: Alles ist überhaupt mehr theologisch als philosophisch gestellt und behandelt. Lessingschen Scharfsinn findet man also freilich nicht, der Tempelherr und Recha werden bekehrt, man weifs nicht wie. Doch eben der theologische Gang des Dramas macht vielleicht bei einem Teil der Leser das Verdienst aus. Da es übrigens in Anlage und Ausführung neben den Nathan gestellt ist, so mufs es wohl auch in diesem Lichte betrachtet werden, und so mufs man Stellen übersehen, wo man sonst den blofsen Nachahmer finden würde. Dagegen kommen einzelne Züge vor, insonderheit an Saladin, welche selbst nach Lessings Saladin noch immer gefallen. Wenn der Mönch hervorstechen sollte, so mufste Nathan freilich zurückstehen, und er macht auch hier, sowie der Tempelherr und Recha, eine ziemlich gemeine Figur. Hingegen erkennen wir an vielen Stellen den glücklichen Wetteiferer mit Lessing." Die „Allgemeine deutsche Bibliothek" dagegen weifs sich nur an die Schwächen in Pfrangers „Mönch vom Libanon" zu halten. Die offenbare Erkenntnis, dafs seine Persönlichkeiten mit denen Lessings nichts gemein haben, hebt sie in einer wenig passenden Heftigkeit hervor und gelangt am Ende zu der Frage: „Was soll uns nun dies Stück hinter dem Nathan lehren? Die Absicht des Verfassers scheint zu zeigen: dafs unter allen positiven Religionen die christliche die beste und die wahrste ist. Sonderbar, dafs er, was die Glaubenssachen betrifft, den Saladin für einen echten Mohammedaner, Nathan und Recha für Juden und den Tempelherrn für einen Christen annimmt; nach Lessings Zeichnung scheinen sie so ziemlich frei von allem, was in einer Religion positiv ist, und nur das anzunehmen, was die reinste geläutertste Vernunft von Gott lehrt.

Dies verändert bei Saladins Zweifeln und Rechas Bekehrung gar merklich den Fall. Man weifs eigentlich nicht, wie man mit diesem Saladin daran ist; an Gott, Vorsehung, Unsterblichkeit der Seele zweifelt er doch nicht. Er wird hier als blutdürstiger Eroberer beschrieben, darum fürchtet er den Zorn des Richters, und gegen diese Furcht sichert ihn nur sein Traum! Das kann doch wohl kein Beweis sein sollen. Recha gewinnt den Stifter der christlichen Religion lieb, da sie sein Leben liest, wie bei jedem fühlenden Herzen natürlich ist. Aber nun soll sie auch den Beweis aus den Wundern und sogar aus den Märtyrern glauben, den der Mönch ihr vordemonstriert. Nathan ist doch vom Verfasser selbst im Handeln als höchst edel und höchst fromm und gottergeben dargestellt worden. Der Hauptheld ist der Mönch, allein seine gepriesene Tugend scheint uns so ziemlich mönchisch. Sein Handeln ist Möncherei und übertriebene Grille eines dickblütigen Fanatikers; nicht Forderung des Christentums. Die Fabel von den drei Ringen wird ein wenig bespöttelt und dagegen eine Parabel vom Ackerbau erzählt, die wenigstens an poetischem Verdienst weit unter jener steht. Um auf unsere Frage zurückzukommen: was lernt man aus diesem sein sollenden Lehrgedichte? so läfst sich nichts anderes antworten als: dafs ein Sultan zuweilen an Gründen der Vernunft nicht genug hat, sondern auch Spiele der Einbildungskraft verlangt; und dafs ein Christ sehr edel sein kann (nur schade, dafs dieser hier zugleich mönchisch ist)."

II.

Es mag nun, wenn die Handlung im Mönch vom Libanon des näheren erzählt werden soll, mit wenigen Worten die Voraussetzung, auf der sich Lessings Nathan und dieses Drama aufbaut, erwähnt sein. Saladins Bruder Assad hatte aus Neigung zu einer Christin vor Jahren seine Familie und seinen Glauben verlassen. Unter dem Namen eines Wolf von Filneck lebte er eine Zeit lang in Deutschland, der Heimat seines Weibes, bis ihn das rauhe Klima von dort ins Morgenland zurücktrieb. In Deutschland liefs er einen Sohn zurück, den sein mütterlicher Oheim Konrad von Staufen, ein Tempelherr, erzog. Im Morgen

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