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Spanne der Vergangenheit und das ganz allmähliche, aber sichere Rücken der sehnlich erwarteten Zukunft aus. Wesent

lich einklingend mit der Odenbergsage, zugleich den Gipfel des ganzen, äusserst reichhaltigen Sagenkreises bildend, ist die Sage vom Berge Kyffhäuser in der Goldenen Aue, und damit erst betreten wir den festen Boden beabsichtigter Abhandlung:

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war

Kaiser Friedrich halb der Erste, dessen Tod in Kleinasien nicht vom Volke geglaubt ward, halb der Zweite vom Papste in den Bann gethan, und die Fürsten waren der Treue und der Eide gegen ihren Oberherrn ledig gemacht. Deshalb wurden dem Kaiser alle Kirchen und Kapellen verschlossen; kein Gottesdienst ward ihm mehr gehalten und keine Messe mehr gesungen. Da ritt nun der Kaiser einmal vor dem Osterfeste damit die Christenheit durch ihn nicht gehindert würde, die heilige Zeit zu begehen hinaus auf die Jagd. Niemand von seiner Begleitung wufste des Kaisers Sinn und Gedanken. Er hatte aber sein gutes Gewand angelegt, welches ihm aus dem Lande Indien gesandt war, nahm ein Fläschlein mit schmackhaftem Brunnen zu sich, bestieg sein edles Rofs und ritt hinaus in den fernen Wald; nur wenige Herren folgten ihm dahin. Im Walde steckte er ein wunderkräftiges Ringlein an den Finger und sogleich war er vor den Augen aller verschwunden, dafs niemand ihn mehr gesehen hat, und man nicht weifs, ob er noch lebendig sei. So ging der hochgeborene Kaiser dort verloren. Jedoch sagen die Bauern, dafs er sich oft als Waller habe sehen lassen, auch öffentlich ihnen gesagt habe, dafs er bestimmt sei, auf römischer Erde noch gewaltig zu werden und die Pfaffen zu stören, und dafs er nicht aufhören noch ablassen werde, bis er das heilige Grab wieder in der Christen Hand gebracht habe.

Weiterhin wird dann der Kaiser nach seiner Verzauberung in Beziehung zu dem Kyffhäuser gesetzt. Man glaubte der Ketzer-Kaiser" Friedrich lebe noch und solle lebend bleiben bis an den jüngsten Tag; auf dem wüsten Schlosse Kyffhausen in Thüringen (und auch auf anderen wüsten Burgen, welche zum Reiche gehörten) wandere er um und lasse sich zu Zeiten sehen und rede auch mit den Leuten, und der Glaube verknüpfte sich damit: Vor dem jüngsten Tage werde ein mächtiger Kaiser der Christenheit kommen, um Frieden unter den

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Fürsten zu machen. Auch ward vielfach erzählt, dafs dieser Kaiser mit grofsem Hofgesinde im Berge von Kyffhausen verzaubert wohne, und dafs dieser verzauberte Kaiser kein anderer als Friedrich Rotbart sei. Er sitze auf einer Bank vor einem runden Steintische nach anderen auf einem goldenen Herrschersessel, die goldene Krone auf dem Haupte, in der vollen Pracht und Herrlichkeit, welche ihn im Leben umgab. Er halte den Kopf in die Hand gestützt und ruhe oder schlafe; dabei nicke er aber stets mit dem Haupte und zwinkere mit den Augen, indem er sie bald etwas öffne und dann seine grofsen Brauen wieder senke und zusammenziehe, als ob er nicht recht schlafe oder bald wieder erwachen wolle. Sein roter Bart sei ihm durch den Tisch hindurch bis auf die Füfse gewachsen. Er werde vor dem jüngsten Tage wieder aufwachen und sein verlassenes Kaisertum aufs neue antreten; wenn er dann hervorkomme, werde er seines Schildes Last hängen an den dürren Ast" davon werde der Baum grünen und eine bessere Zeit werden. Von dem dürren Baume wird in der Sage vom Walserfelde erweiternd gesagt: Er sei schon dreimal umgehauen worden, seine Wurzel aber immer wieder ausgeschlagen, so dafs ein neuer vollkommener Baum daraus erwachsen sei; wann er wieder zu grünen beginne, dann nahe die grofse Schlacht, und wann er Früchte trage, werde sie anheben, und dann werde ein solches Blutbad sein, dafs den Kriegern das Blut in die Schuhe rinne. Auch wird in der Sage berichtet: des Kaisers Bart sei um den Tisch gewachsen, dergestalt, dafs er dreimal um die Rundung des Tisches reichen mufs bis zum Erwachen; jetzt aber gehe er erst zweimal darum. In den späteren Kyffhäusersagen begegnet wiederholt der Zug, dafs Raben um den Berg fliegen, welche vor dem Erwachen des Kaisers verscheucht werden müfsten. Auch wird gesagt, dafs der Kaiser wiederholt Besucher des Berges gefragt habe, wie es auf der Oberwelt aussehe.

Wir wollen hier eine kleine Pause machen zur Anstellung einiger Betrachtungen. Der Name des Berges „Kyffhausen, Kyffhäuser, Kifhäuser", nach welchem die Burg den Namen erhielt, scheint sehr alt zu sein; aber die Deutung ist zweifelhaft. Ganz unzulässig ist die geschehene Ableitung von Kopf, Koppe, Kuppe. Vielleicht lässt sich an Kipicho, Gibich (d. i.

b

Geber), Beiname Wuotans denken der Übergang des P, in f wäre sehr einfach. Hätte man nur eine ältere Námenform! Die Gegend um den Kyffhäuser (Kipichhäuser?) hiefs vom 8. bis 12. Jahrhundert „Nabelgau" oder „Nebegau", was an Nebelheim (die Totenwelt) und Nibelunge gemahnen könnte. Wenn wir nun an eine Deutung der Kyffhäusersage gehen, so mufs zunächst alles in das politische Gebiet Streifende ausgeschieden werden, wenn man den echten, alten Urgrund erhalten will. Sehr vorteilhaft läfst die Sage durch die engverwandte Odenbergsage sich ergänzen; in beiden haben wir deutlich und bestimmt den alten Wuotan, Charal, Geermann vor uns, welcher schon im unerschütterten Heidentum „der Alte vom Berge" hiefs; nur der rote Bart könnte auf Donar hinweisen, ist aber wahrscheinlich als eine Entlehnung von dem geschichtlichen Herrscher zu nehmen. Vom christlichen Standpunkte aus ward das Wiederkehren des Kaisers und das Schlagen der grofsen Schlacht, leicht erklärlich und im voraus richtend, mit dem letzten Weltkampfe, dem jüngsten Tage, dem Weltuntergange verknüpft, wie dies besonders in den Sagen vom Untersberg (Undersberg Schlummerberg?) bei Salzburg und vom Walserfelde deutlich ausgesprochen ist. Die Raben, welche um den Berg fliegen, sind Wuotans zwei Raben, seine steten Begleiter Huginn und Muninn, welche ihm Kunde von allen Dingen zutragen, die Allwissenheit Gottes versinnlichend. Wenn es heifst, dafs sie verscheucht werden müfsten, bevor der Kaiser erlöst sei, so ist dies späteres Mifsverständnis: Die Raben sind hier in ihrer alten Bedeutung, indem sie ausgeflogen sind, auszuspähen und die Neige der Zeit der Verbannung zu ergattern; der Gott, welcher nach einer Fassung der Sage alle hundert Jahre einmal erwacht, ersehnt, dafs sie wieder in den Berg einfliegen und sich ihm auf den Schultern niederlassen, um die Kunde der endlichen Erlösung in seine Ohren zu flüstern.

um

Noch manche Sagen spinnen sich um den Kyffhäuser; besondere Beachtung verdienen die Hirtensagen: Ein Schäfer trieb einmal seine Herde ziemlich weit hinauf an das alte Kyffhäuserschlofs und blies fröhlich auf seiner Schalmei, dafs es weithin scholl und hallte. Plötzlich stand ein ganz kleines Männlein neben ihm, grüfste ihn artig und züchtiglich und frug: „Möchtest du wohl den alten Kaiser Friedrich sehen und ihm auch

solch ein fröhliches Stücklein aufspielen?" „Warum denn nicht?" Der Schäfer folgte dem Männlein getrost in den Felsengang, welcher sich mit einemmal vor ihm aufgethan hatte. Nach ziemlich langer Wanderung kamen sie in eine weite Halle, wo der Rotbart mit geneigtem Haupte und geschlossenen Augen schlummerte. Beherzt ergriff der Schäfer nun seine Schalmei und blies. Da hub der alte Kaiser sein Haupt mit dem roten Barte empor, welcher durch den Tisch gewachsen war, und frug: „Fliegen die Raben noch um die Burg?“ „Sie fliegen

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noch!" erwiderte der Schäfer. Da seufzte der Kaiser tief und schwer und sprach kummervoll: So mufs ich aufs neue hundert Jahre schlafen!" neigte sein Haupt und schien zu entschlummern. Der Zwerg führte hierauf den Schäfer an das Tageslicht zurück und verschwand. Die Belohnung für den dem Kaiser erwiesenen Dienst war grofser Herdenreichtum. Eine andere Hirtensage knüpft an die Wunderblume an, welche nur alle hundert Jahre einmal blühen und die Kraft haben soll, den Berg zu erschliefsen und zur Hebung der Schätze und Reichtümer, welche im Kyffhäuser ruhen, zu verhelfen: Ein Hirte hatte die Wunderblume, ohne ihre Bedeutung zu kennen, an den Hut gesteckt und gelangte durch die Bergtrümmer in den Berg, fand viele kleine glänzende Steine auf der Erde, steckte so viel er konnte in seine Tasche und wollte wieder das Gewölbe verlassen. Da rief ihm eine dumpfe Stimme zu: „Vergifs das Beste nicht!" Vor Furcht flüchtete er hastig aus dem Gewölbe, dafs er selber nicht wufste, wie er wieder ans Tageslicht kam. Kaum sah er wieder die Sonne und seine Herde, so schlug die Thüre, welche er vorher gar nicht gesehen hatte, mit grofsem Geräusch hinter ihm zu. Er griff nach seinem Hut, und die wunderschöne Blume war fort; sie war beim Stolpern entfallen. Plötzlich stand ein Zwerg vor ihm und frug: ,,Wo hast du die Wunderblume, welche du fandest?",,Verloren!" sagte traurig der Hirte. „Dir war sie bestimmt," sprach wieder der Zwerg, und sie ist mehr wert als die ganze Rotenburg." Traurig ging der Hirte; die Steine aber waren lauter Goldstücke. Der Zwerg kommt häufig vor: Eine Schar munterer Bauernbursche kam auf den Einfall, Kaiser Friedrich einen Ehrentrunk zu bringen. Da stand plötzlich ein Zwerg mitten unter ihnen, welcher einen goldenen Becher in der einen

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und zwei Flaschen vorzüglichen Weines in der anderen Hand hielt u. s. w. Das kleine Männlein, der Zwerg, tritt in manchen Sagen nicht nur als Thürhüter auf, sondern auch, wie eben, als Kellermeister und aufserdem als Hausmeister, welcher Korn einkäuft, und als Schatzmeister. Zuweilen begegnet der Zug, dafs Leute, welche nur kurze Zeit im Kyffhäuser gewesen zu sein wähnen, thatsächlich nach 20 oder gar 200 Jahren zurückkehren; den Göttern sind Jahre Augenblicke.

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Der Sagen von Bergentrückungen und Verwünschungen sind so viele wie in keiner anderen Richtung;* wir können hier nur flüchtig diejenigen zusammenstellen, welche Bezug auf die Götter gewähren: Hakelberend, Hakolberand (althochdeutsch: Hachulpirant), der Mantelträger, was ein Beiname Wuotans ist, weilt in seinem grofsen Grabberge auf weifsem Rosse bei seinen Schätzen. Karl der Grofse oder der Fünfte sitzt im Odenberge, im Desenberge (Disenberg Götterberg?) bei Warburg, im Untersberge bei Salzburg, auf der Burg bei Nürnberg (ältere Form: Nornberg?), in der Burg Herstall (Heristal), im Trifels bei Anweiler, und zwischen Nürnberg und Fürth liegt ein Kaiser-Karls-Berg immer, wie wir gesehen haben, Wuotan. Otto der Grofse, auch rotbärtig wie Kaiser Friedrich, weilt nach älteren Sagen im Kyffhäuser; er ist schon dem Namenanklange nach Wuotan, Otan, wie auch sein Speerwurf im jütländischen Ottensunde auf den Gott sich bezieht. Friedrich Rotbart oder der Zweite (auch Herzog Friedrich) haust im Kyffhäuser, im Untersberge, im Trifels und in einer Höhle bei Kaiserslautern. Wir sehen, dafs in den Sagen überall der alte Wuotan uns entgegentritt; neben dem Hauptgotte verschwinden die anderen Götter. Einigemal liefse sich vielleicht an den rotbärtigen Donar denken. An dem Südwestende des Kyffhäusergebirges befindet sich die Falkenburg mit einer eigentümlichen, auf Donar zu beziehenden Sage: Im 17. Jahrhundert (?) sei ein Herzog aus Schlesien in der Heimat von einem gespenstigen Bocke aufgenommen, in gar kurzer Zeit durch die Lüfte ge

* Die Volkstümlichkeit der Bergentrückung erhellt aus der geläufigen Redart „Ich möchte in die Erde versinken, schliefen (schlüpfen)" in dem Sinne von „aus der Haut fahren". Nach dem Liede von der Klage" weifs man von König Etzel nicht, ob er sich verslüffe in Löcher der Steinwände“, was zu sagen scheint, dafs er vielleicht in den Berg, Felsen gegangen sei.

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