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Leidenschaft liegen, hinweg; er verzichtet lieber auf den Königsthron als auf sein Schäfermädchen. Die Leidenschaft der Liebe ist in Rom., wie bekannt, mit unerreichter Kraft geschildert, und dennoch sind nur wenige Töne aus den Ergüssen Romeos in das „, Wintermärchen" hinübergedrungen. Wenn nun doch einmal Shakspere so wenig Bedenken trägt, altes Material noch einmal zu verwerten weshalb denn hat er es hier nicht gethan? Als Shaks pere Rom. dichtete, kam es ihm darauf an, die Glut der Leidenschaft, die in ihm selbst wogte, aus sich herauszugestalten, objektiv zu machen, um sich innerlich zu befreien; er wollte alles sagen, was er litt, ohne Verhalten, ohne Verhüllen, mit aller Entfaltung seiner poetischen Mittel; daher die üppige, hinreifsende, und die fremdartige Pracht der Einkleidung, die der damals italianisierende Dichter wollte. Rom. ist eine höchst persönliche Dichtung. Als Shakspere das Wintermärchen" schrieb, wufste er, dafs die wahrhaft tiefe Liebe zu voll von sich ist, um auch nur einen Gedanken an prunkvolles Erscheinen übrig zu haben; dafs sie nicht im Verkünden donnert", sondern mehr ahnen läfst als ausspricht, mehr handelt als redet. Damals stand er über seinen Stoffen. Die Darstellung der Liebe im „Wintermärchen" zeigt eine ganz andere, eine viel höhere Kunstübung, für welche der Dichter den glänzenden Tand seiner Jugendwerke nicht mehr verwenden konnte.

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Diese Beobachtung kann man leicht dahin verallgemeinern, dafs Shakspere überhaupt sehr wenig aus seiner ersten SchaffensPeriode in seiner dritten wird haben gebrauchen können. Und ebenso leicht wird man aus ihr das eigentliche, für diese gesamten Wiederholungen mafsgebende Princip ableiten können: der Dichter wird doch immer nur diejenigen Gedanken aus früheren Schöpfungen wiederholt haben, die auch noch seinem späteren geistigen Standpunkte nahe lagen, von ihm nicht überwunden waren. Und so werden in der dritten Periode die Anklänge an die Dichtungen der ersten notwendig weniger zahlreich sein müssen als an die der zweiten; und diese werden wieder numerisch zurücktreten müssen vor den Parallelismen, welche die Dichtungen der dritten Periode untereinander haben,

Die Hamlet-Periode in Shaksperes Leben.

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Und so ist es in der That. Die Parallelstellen der Dramen der mittleren Periode, d. h. aus der zweiten Hälfte der Neunziger und dem Beginn des neuen Jahrhunderts liegen mir geordnet vor.* Ich nehme nur diejenigen Stücke, welche allgemein der zweiten Periode zuerkannt werden: Ado, As, 1, 2 H. IV, H. V, Merch., Haml., Tw., Wiv., Cæs.; andere, die meiner Ansicht nach hierher gehören, aber von anderen Forschern zum Teil sehr viel später gesetzt werden, lasse ich fort. Für diese Stücke habe ich in den folgenden Jugenddramen: 1 H. VI, Err., Mids., Gentl., 2 H. VI, Compl., Shrew, John, R. II 15 Parallelstellen gefunden; in den spätesten Dramen: Ant., Tim., H. VIII, Wint., Temp. 22; untereinander haben sie 95 mehr oder weniger auffallende Übereinstimmungen. Und nun noch eine im Hinblick auf die Jugenddramen äusserst bezeichnende Thatsache: in den folgenden vier Stücken: Rom., LL., All's, R. III, habe ich 40 Parallelen entdeckt, d. h. diese Dramen stehen hinsichtlich ihrer Übereinstimmungen in demselben Verhältnis zu den zuerst genannten, in welchem diese zueinander stehen. Und nun ist LL. mit 13 Parallelstellen nach dem Titel der Quarto von 1598 (,,newly corrected and augmented") sicher, Rom. mit 18 Parallelstellen höchst wahrscheinlich in der zweiten Hälfte der Neunziger vom Dichter überarbeitet worden; dasselbe hat man verschiedentlich von R. III (5 Parallelstellen) und All's (4 Parallelstellen) angenommen. Sollte es wirklich blofser Zufall sein, dafs Rom. und LL, welche die zahlreichsten und auffallendsten Anklänge an die Jugendsonette enthalten (39, 33), also sicher zu einer frühen Zeit entstanden sind, sich gleichzeitig an die Dramen der mittleren Periode so nahe anschliefsen? Wer könnte das glauben! Hier haben vielmehr die Parallelstellen den untrüglichen Beweis einer zweiten Bearbeitung erbracht. **

So ist es wohl nicht als eine optimistische Einbildung zu

Sie sind nach einmaliger Lektüre zusammengestellt; es ist also sehr wahrscheinlich, dafs die folgenden Zahlen sich später einmal vergrössern werden; ihr gegenseitiges Verhältnis dagegen wird schwerlich erhebliche Veränderung erleiden.

**Ich kann vorläufig, da ich auf die Vorführung meines umfangreichen Materials verzichten mufs, nur an den Glauben der Leser appellieren; aber

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betrachten, dafs die Gedanken - Übereinstimmungen zwischen den einzelnen Dichtungen als Schlufsmaterial für Altersbestimmungen verwertet werden können; das Abfassungs-Jahr können sie zwar nicht ergeben, aber in vielen Fällen die ungefähre Abfassungszeit. Das wird niemand bestreiten können, der die logische Voraussetzung für diese ganze Art der Untersuchung zugiebt, welche lautet: Das Bedenken moderner Dichter und selbst moderner Schriftsteller, heute nicht zu sagen, was man gestern, vor einem oder mehreren Jahren schon einmal gesagt hatte, dieses Bedenken kannte Shakspere nicht. Er wiederholte, was ihm nach seinem augenblicklichen geistigen Standpunkte der Wiederholung wert schien, vorzugsweise also Gedanken, deren Entstehung in eine nahe Vergangenheit fiel. Und dieses Fundament der vorliegenden Arbeit wird schwerlich jemand angreifen können, der gesehen hat, wie sich ganze Sonette in den Dramen wiederfinden; der erfahren wird, dafs nicht blofs einzelne Gedanken, sondern ganze Gedankenreihen in mehreren Dramen zugleich auftreten. Eine plausible Erklärung für eine solche Erscheinung ist doch nur zu finden in dem hervorragenden Interesse, welches diese Gedanken zu einer bestimmten Zeit seines Lebens für den Dichter hatten.

Es giebt eine Anzahl von Stücken, bei denen uns die sonst für Altersbestimmungen gebrauchten Indicien im Stiche lassen; eines von ihnen ist Cymbeline. An ihm wollen wir ein Beispiel geben für die Bedeutung, welche Parallelstellen Umständen für chronologische Bestimmungen haben

können.

Das Stück wird von den meisten Kritikern entweder in das Jahr 1609 (Malone, Skottowe, Dowden) oder 1610 (Delius, Fleay, Stokes) gesetzt; nur Drake wie auch ursprünglich Malone meint, dafs es 1605, Chalmers,* dafs es 1606 ver

ich hoffe, dafs mir in einem der nächsten Jahre die detaillierte Entwickelung dieser Theorie möglich sein wird.

* Fleay verteilte anfangs die Abfassung des Stückes auf die Jahre 1606-1608.

fafst sei. Welche Gründe werden für diese späte Abfassungszeit angeführt?

1) Im Jahre 1610 oder 1611 führte ein Dr. Simon Forman ein Tagebuch, in welchem er eine Aufführung von Cymb. beschrieb. Er fügte weder hinzu, wann er der Aufführung beigewohnt, noch ob das Stück alt oder neu sei; dennoch aber meint man, dafs er es wahrscheinlich kurz vorher gesehen habe und dafs es ein ziemlich neues Stück gewesen sei. Wenn andere nun anzunehmen geneigt sind, dafs es schon ein altes Stück war, das er schon lange kannte, so ist in der Notiz nichts zu entdecken, welches dieser Annahme widerspräche. Sie beweist nur, dafs Cymb. nicht nach 1610 oder 1611 verfafst ist, sondern in irgend einem beliebigen früheren Jahre.

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2) In Beaumonts und Fletschers „, Philaster" soll nach Fleay der Charakter der Euphrasia dem Imogens nachgebildet sein; auch andere Ähnlichkeiten" will man entdeckt haben, die mir unbekannt sind, und schliefslich hierauf wird von den verschiedenen Kritikern ein grofses Gewicht gelegt soll eine Stelle im „Philaster" eine Reminiscenz an eine Stelle in Cymb. enthalten; die Stellen lauten:

and the air oft (this country) Revengingly enfeebles me; could this carle, A very drudge of nature's, have subdued me

In my profession?

Cymb. IV, 2, 3.

The gods take part against me; could this boor

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Offenbar hat hier eine ähnliche Situation eine ähnliche Wendung hervorgebracht; aber eine irgend etwas beweisende Parallelstelle ist das nicht. Ich wenigstens, wenn ich dem Leser weiter nichts als so schwache und scheinbar zufällige Anklänge zu bieten hätte, würde die vorliegende Arbeit nicht unternommen haben. Nehmen wir nun, da wir den „Philaster" nicht kennen, immerhin als richtig an, dafs ihm Cymb. mehrfach als Muster gedient habe, so fragt sich: wann wurde er verfafst? Nach Dyce 1608, nach Malone 1608-1609, nach

Fleay 1610-1611. Also seine Abfassungszeit scheint ebenso unsicher zu sein wie die Cymb.s. Nehmen wir an, dass das eine oder das andere Datum richtig sei, so würde das immer nur beweisen, dafs Cymb. entweder 1608 oder 1609 oder 1610 schon existiert habe; verfafst mochte es einige Jahre früher sein.

3) Dowden findet in Cymb. dieselbe versöhnte Lebensanschauung wie in Wint. und Temp.; und Furnival will wahrscheinlich machen, dafs Cymb. Wint. näher stehe als irgend ein anderes Stück: „,es handelt von einem Vater, der durch eigene Ungerechtigkeit die Familienbande bricht und dann wieder knüpft" das sollte das Hauptinteresse in Cymb. sein? ,,und weist auf Shaksperes erneutes Familienleben in Stratford, nachdem er London verlassen hatte, und auf den Gegensatz hin, den er zwischen Land- und Hofleben empfunden haben mufs." Vielleicht könnte die erstere Behauptung einen bereits vorhandenen Beweis stützen. In der zweiten giebt es keinerlei logische Nötigung; denn niemand kann ihre Prämisse zugeben, dafs ein Dichter ähnliche Handlungen auch in derselben Zeit seines Lebens bearbeitet haben.

müsse.

4) Die sogenannte „Metrical Test" führt zu keinem einheitlichen Resultat für die Abfassungszeit von Cymb. Sie steht, wie mir scheint, überhaupt auf schwachen Füfsen. Behauptungen der Kritiker, wie: der Versbau dieses oder jenes Stückes verweise es in eine späte oder frühe Zeit, beruhen in der That häufig auf einem ganz allgemeinen, sehr subjektiven und darum leicht fehlbaren Eindruck. Beweis dieses Stück, dem Malone und Fleay doch auch zum Teil auf Grund solcher Kriterien anfangs eine frühere, dann eine spätere Entstehungszeit gegeben haben; Beweis vor allem All's, das Knight alle Anzeichen der unreifsten Periode (1590), Hertzberg alle Anzeichen der reifsten Periode (1603) zu tragen scheint, und beide gehören zu den tiefsten Shakspere-Kennern. Man sollte meinen, dafs die Metrical Tests auf genauen Angaben über den inneren Bau der Verse beruhten, sich auf den Gebrauch irregulärer Cäsuren, überzähliger Silben vor der Cäsur, des Anapäst an Stelle des Jambus und vorzugsweise des

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