網頁圖片
PDF
ePub 版

allem Volk so entschieden und begeistert aussprechen können? Eben so wenig hätten, wenn eine allgemeine Naturverdorbenheit von Adam her prophetisch gedacht worden wäre, selbst im spätesten Theil des Pentateuchs Stellen, wie Deuteron. 6, 2. 5. 11, 2. 26. 28. 30, 15. mit so uneingeschränkter Voraussetzung der Möglichkeit zum Befolgen des Willens Gottes auffordern können?

10, 12.

Die Richtigdeutung vieler anderer sonst auf das Erbsündesystem hineingezogener Stellen S. 51-76. macht allein schon das eigene Nachlesen der inhaltreichen Schrift nöthig. Selbst der Siracide 16, 24—17, 9. 15, 14-17. nimmt wegen des Ebenbildes Gottes und der Willenskraft nur auf Genes. 1, 17—30. Rücksicht. 10, 18. 19. sagt noch ausdrücklich: Nicht ange. boren ist dem Menschen der Gottverachtende Uebermuth u. s. w. Nur dafs allen Menschen Vorwürfe zu machen seyen, sagt 8, 5. Erst in einem Additament zum ächten Siraciden, K. 25, 24. zeigt sich der Gedanke : »Von einer Frau ist Anfang der Sünde und wegen derselben = δι αυτην sc. ἁμαρτίαν sterben wir Alle. Doch ist di avτnv nicht mit dem Verf. S. 82. zu übersetzen : durch sie, da dia mit dem Accusativ immer wegen bedeutet. Auch ist nicht zu umschreiben: durch des Weibes Schuld, da avtηy zunächst auf dμaptia sich bezieht, folglich nur, wie Rom. 6, 13. ausgedrückt wird, dafs die Menschen, weil sie alle sündigen, nicht körperlich unsterblich erhalten werden oder, bildlich dies zu sagen, vom Baum des Lebens entfernt worden seyen. Ist also gleich dieses Siracidische Additament hier und 25, 15. (nach der Lehrart opeos) die erste Anspielung auf Gen. 3, welche frühestens circa a. 180. vor Jesus) das Bekanntgewordenseyn dieses von der ganzen Genesis sich stark unterscheidenden Segments erkennbar macht, so ist auch dadurch noch nicht die Lehrmeinung gesagt, dafs durch Adam oder Eva die Menschennatur sündig geworden sey und eine vorher gehabte Unsterblichkeit verloren habe.

Das Apokryphum des Weisheitsbuchs (welches, wie ich in diesen Jahrbb. 1833. im Novemberheft S. 1068. Gründe angegeben habe, eher jüdisch-syrischen, antiochenischen, mit dem Parsismus verwandteren, und nicht alexandrinischen Ursprungs seyn möchte) spielt besonders 2, 23. auf Genes. 3. an, Golt hat den Menschen geschaffen ἐπ' αφθαρσία = so dafs er (wahrscheinlich durch den Lebensbaum) Unvergänglichkeit (Erhaltung des leiblichen Lebens) haben sollte, und als ein Bild seiner Eigenthümlichkeit hat er ihn gemacht, εἰκόνα (nicht κατ' εικ.) της ίδιας ιδιο τητος εποιησεν αυτον. Durch des Teufels Neid aber ist Tod hereingekommen in die Welt u. s. w. Auf alle Fälle ist auch hier nicht von einem Verdorben wordenseyn der moralischen Natur aller Menschen, sondern nur davon die Rede, dafs die Menschen, weil sie sündigen, nicht vor dem leiblichen Sterben bewahrt bleiben.

(Der Beschlufs folgt.)

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Die Grundlage des [Neu-] Evangelischen Pietismus, geprüft von Dr. Bretschneider.

(Beschlufs.)

Ausserdem aber führt nun diese Stelle und die ganze wahr haft historische Entwicklung der allmählichen Entstehung unsers jetzigen Kirchendogma auf

den zweiten Hauptpunkt, nämlich auf die älteren, noch gar nicht evangelischen, Begriffe vom Sterben und dem Zustand nach dem Tode. Welcher Kirchglaubige nämlich meint nicht, wie wenn von jeher nur die Lehrmeinung: Alle Fromme kommen durch ihren Tod, unmittelbar zu Gott in den Himmel, alle Böse ebenso zum Teufel in die Hölle! uralte Offenbarung und Orthodoxie gewesen wäre. Dennoch ist im ganzen Alten Testament der Religionsglaube aller prophetischen Männer, wie des Volks, völlig ein anderer, dem Glauben Homers über das unterirdische Todten wesen paralleler, dafs alle Sterbende, Gute und Böse, in einen unterirdischen düstern Aufenthaltsort, nicht etwa zur Läuterung, sondern für immer hinabkommen und nur die Auserwähltesten, wie Henoch, Mose, Elia u. s. w. in den Himmel versetzt würden. Die Seelen, als menschenähnliche blofse Schattengestalten gedacht, hatten dann dort zwar ihre vorige Gesinnungen, konnten aber nun (wie Achilleus in der Odyssee) keine Leidenschaft mehr gegen Andere thätlich ausüben, Hiob 2, 13-15, höchstens (s. Jes. 14, 9-20.) einander verhöhnen. Deswegen werden sie Todte, vɛxpoɩ, und ihr Zustand Savatos genannt, weil sie ohne Leib gedacht wurden, also ohne sinnliche Thätigkeit seyn mufsten, wenn sie gleich manes (bleibende Ueberreste?) waren.

Erst um die Zeit des apokryphischen Weisheitsbuchs dachte man für diesen Hades an eine Unterscheidung, 2, 25, dafs die Seelen der Rechtschaffenen, tov dixatov, dort durch Gottes Hand, nicht in einem βασανος, sondern εν ειρηνη, in einem befriedigten Zustand seyen, die Bösen dagegen wie in einem fortwährenden Sterben, und wie die Parabel vom reichen Schlemmer zeigt, auch schmachtend und peinleidend fortdauerten. XXVII. Jahrg. 5. Heft.

28

Eben diese Parabel zeigt auch, dafs jetzt der anfänglich Alle vermischende Scheol, des » Hades « oder Thanatos, als des dämonischen personificirten Todtenbeherrschers Wohnung, in Paradies und Tartaros, 2 Petr. 2, 4. getheilt, jedoch einander nahe angenommen waren. (Dafs der Eine Theil des Scheol als yɛɛvva gedacht worden sey, wie der Verf. hie und da voraussetzt, wüfste Rec. nicht nachzuweisen, vielmehr kommen nach. Matth. 18, 9. 23, 33. erst die Auferstandenen und Gerichtetea, mit dem Teufel, in die yɛɛvva als ewige Hölle, oder Feuersee (Apok. 20, 14.), wohin der Hades, nämlich der böse Theil seiner Bewohner, erst nach dem Gericht zu einem fortwährenden Sterbenszustand = devregos Davatos, geworfen wird.) δεύτερος θανατος,

«

Mögen nun die Neuevangelischen sich erklären, ob diese prophetischen Begriffe vom Zustand nach dem Tode auf „Offenbarung beruhten, ob also die Offenbarung über dergleichen hyperphysische, nicht praktisch religiöse Gegenstände, ein in sich harmonisches Continuum war. Auch der bekehrte Schächer kommt nach Luk. 23, 43. noch nicht in den Himmel, sondern unmittelbar und mit Jesus in das Paradies. Ebendahin dachte man auch, nach 1 Petr. 3, 19. 4, 6. Jesu Seele, bis zur Wiederbelebung seines Leibs, so versetzt, dafs dadurch die früher Verstorbenen Gelegenheit, an Ihn, als Messias, zu glauben und so in der Folge dem ewigen Sterbenszustand = dem zweiten Tode, zu entgehen, bekommen haben sollen. Was noch Luther immer als Höllenfahrt übersetzte, war nur als ein descensus ad inferos zu den sämmtlichen Seelen im Hades, geglaubt. Auch dieser noch im Neuen Testament bis nach Jesu Tod behauptete Theil des religiösen Glaubens setzte die Wirklichkeit des zweitheiligen Todtenreichs Scheol, oder To Tov 'Adov, entschieden

voraus.

Für oder gegen die Dogmatik ist dieses alles deswegen merkwürdig, weil der Verf. eben dadurch evident machen konnte, dafs der Glaube, wie wenn durch die erste Sünde die Himmelsseligkeit verloren worden wäre, bis auf Jesu Zeit gar nicht gedacht seyn konnte, da damals selbst für Abraham noch an ein Versetztseyn durch den Tod in den Himmel nicht gedacht war. Die neuevangelische Hauptlehre, wie wenn den Menschen durch das Sündigen Adams der Himmel verloren gegangen wäre und erst durch Jesus wieder habe erworben werden müssen, war gar nicht möglich, weil in jenen 2000 Jahren vor Jesus auch für die Frömmsten, wie Abraham, nur an den paradiesischen

Theil des Hades, nicht an den Himmel als Aufenthaltsort gedacht war.

Diese Zeitbegriffe mufsten dann unvermeidlich auch den gröfsten Einfluss haben auf

die dritte Hauptfrage: Was für eine Wirksamkeit, sich an den damaligen Glauben über den Zustand der Menschen nach dem Tode anschliefsend, konnte dem Tode Jesu, als einer Aufopferung des Messias, damals zugeschrieben werden? Welche Wirksamkeit wurde nach klaren Bibelstellen wirklich davon abgeleitet? Rec. im Raume beschränkt, mufs dies möglichst zu concentriren suchen.

1) Keine einzige Schriftstelle enthält die Behauptung des Kirchenglaubens, wie wenn der grausam und schuldlos sterbende Jesus die zeitlichen oder ewigen Strafen der Sünden abgebülst hätte. (Wäre dieser Zweck des martervollen Sterbens Jesu nöthig, und also von Gott und Ihm selbst zum voraus gewollt gewesen, wie hätte Jesus im einsamen Garten Getsemane erst noch einmal den Wunsch haben können, dafs Ihm dieser Kelch erspart würde? Wie hätte Er es noch als möglich denken können, dafs jenes Sterben nicht von Gott so gewollt sey? Matth. 26, 38 -45.) Die klarsten Bibelstellen, wie 1 Petr. 1, 17-19. Hebr. 9, 19. sagen die durch dieses Opferlamm bewirkte Lytrosis sey ein Losmachen von dém traditionellen Lebenswandel narooлaçaSoros avaaтpoon, eine Reinigung der Gewissen von todten Handlungen. Die noch nahe Geschichte, wie frevelhaft und aus welchen sündigen Absichten Priester und Rabbinen den Messias ans Kreuz gebracht hatten, mufste bei Vielen den entschlossensten Vorsatz hervorbringen, von jener Lebensweise sich durchaus loszumachen. Nicht gegen die Strafen, sondern gegen die Sünden selbst ist Jesu Leben, Lehren und Leiden gerichtet. So gerne die Neuevangelischen das (nichtbiblische) Wort Erlösung, redemtio, wie ein Losmachen von Strafen auslegen, so spricht Jesus selbst doch immer nur vom Freimachen von dem Sündigen selbst (Joh. 8, 31. 34.) im Gegensatz gegen das, dafs die Sündigenden sich selbst mit dem Teufel und dem, was dieser begehre, in Verwandtschaft setzten.

2) Auch davon, dafs Gott gegen die Menschen habe versöhnt werden müssen, spricht keine einzige Stelle des N. T.'s. Vielmehr will Gott durch Jesus und die Apostel nur, dafs die Menschen sich versöhnen lassen mit Gott, 2 Kor. 5, 27-21, um eine neue Schöpfung oder lauter wahre Rechtschaf

[ocr errors]

Nicht dafs die Liebe

fenheit, dixaιoovvn, wie Jesus der Rechtschaffene war, zu werden. Vergl. Röm. 5, 9. 10 Gottes erst hätte erworben werden müssen, sagt irgend eine Bibelstelle, sondern immer dies, dafs die ganze Sendung Jesuzum Zweck habe, Gottes Liebe, Joh. 3, 15. und sein Erbarmen (iλɛws ɛira) gegen die so leicht sündigenden Menschen Allen vor Augen zu stellen, damit die Menschen ihre sklavische Furcht vor Gott und ihre Feindschaft, Röm. 8, 7. aufgeben und in Liebe gegen Gott und das Göttlichgewollte in sittliche Freiheit ohne Zwangsgesetz und Gebot verwandeln möchten. Diesem Hauptgedanken gemäfs müssen wir es auch deuten, dass Röm. 3, 24. der, welchen am Kreuz Gott Allen als den blutenden Messias vorgehalten hatte, προέθετο, ein ἱλαστηριον ein Zeichen des Erbarmens Gottes zur Losmachung vom Sündigen durch Unterlassung und Verzeihung des Begangenen genannt ist; weswegen ich auch dem Verf. darin nicht beistimmen kann, dass Er Jesus öfters nicht blos ein Opfer, voia, d. i. einen der sich der Gottheit, d. h. göttlichen Zwecken aufopferte, sondern Sühnopfer nennt. Nur als ein geduldiges Opfer, Ivota, nie aber als einen, der die Gottheit versöhnte, beschreiben Ihn Bibelstellen.

Ich mufs bemerken, dafs mir über diesen Begriff, nämlich einer zunächst die Wegschaffung der Strafen beabsichtigenden Versöhnung Gottes, noch weiter eine ebenso rein exegetische Ausführung nöthig scheint, wie sie der Verf. über die übrigen Fragepunkte, trefflich und zugleich in einem musterhaften Ton, gegeben hat. Die Hauptmomente dafür, dafs wir dem Urchristenthum nicht jenen Fehlbegriff, wie wenn im Althebräischen und im Urevangelischen für Gott typische oder wirkliche Strafabbüfsungen nothwendig erachtet worden wären, zuschreiben dürfen, dafs vielmehr - das Reinwerden" (xaSapioμos 2 Petr. 1, 9) von den Sünden selbst theils durch Besserwerden theils durch Verzeihung, als der gotteswürdige Zweck Jesu urchristlich allein gedacht war, sind folgende:

[ocr errors]

1) Gab es nach Mose's Gesetz, wie ich bei meiner Uebersetzung des Hebräerbriefs (1833.) S. 152-213. exegetisch neu erwiesen zu haben glaube, nicht einmal Opfer für eigentliche Sünden, sondern nur für irrthümliche oder leidenschaftliche Uebereilungen, weswegen 2) David nicht wegen Mords und Ehebruchs opfern konnte; 3) die Propheten

« 上一頁繼續 »