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Und es entzückt das Auge nur durch fie.
Und eine Blume reicht es dir allein,

Aus Himmelsgärten trug ein Gott sie nieder;
Im dunklen Thal erwachsen süße Lieder,
Vom Himmel schaute Morgenroth herein.
Dein Führer durch der Kindheit Dämm'rungsauen,
Begleiter in der Jugend goldnem Licht,
Und dich erquickend, wenn der Mittag sticht,
Kann dir's allein den Erdenhimmel bauen.
Doch ist, wenn wir den bösen Zungen trauen,
Der Himmel auch ohn' Ungewitter nicht.

IV.

§ 32. Da das Aufgeben und Löfen von Räthseln einen bestimmten Grad von Wissen, von Verstand und Scharfsinn vorausseßt, so erscheint das Räthsel nicht allein als ein Sinnbild der Weisheit selbst, und ist auch selbstbelehrend, sondern es kann auch dazu dienen, um die geistigen Fähigkeiten eines Andern zu prüfen.

§ 33. Als Sinnbild der Weisheit erscheint das Räthsel in der griechischen Mythe von der Sphynx (auch Phix genannt), welche Folgendes erzählt*). Here, die Gemahlin des Zeus, über die Thebaner erzürnt, hatte ihnen die verderbenbringende Sphynx als Strafe zugesendet, ein Ungeheuer mit einem Mädchenkopfe, weiblichen Brüsten, dem Körper eines Löwen oder einer Hündin, mit einem Drachenschwanze und Flügeln **),

*) Es ist hier nicht der Ort diese Mythe ausführlich darzustellen; zu unserem Zwecke genügt das Angegebene. Wer Mehreres über die Sphynx und die mit ihr verbundene Dedipussage lesen will, wird auf folgende Schriften verwiesen: Pauly, Realencyklopädie der klassisch. Alterthumswissensch. VI. B. S. 1377, V. Bd. S. 873, woselbst auch die hierher gehörige alte Literatur angegeben ist. Richter, Phantasien des Alterthums, I. Thl. Deffau 1808, S. 193. Schwenk, Mythologie der Griechen, Frankf. 1843. S. 532. Meine Realien in der Iliade und Odyffee, 2. Aufl. Erlang. 1856, S. 485. Nork, etymologisch - symbolisch - mythologisches Realwörterb. IV. Bd. Stuttg. 1845, S. 305.

**) Es gab auch noch andere Zusammensetzungen: vorne ein Löwe, hinten ein Mensch, mit Greifsklauen und Adlersflügeln. Auf einer Münze des Kaisers Hadrian sieht man die Sphynx mit weiblichen Brüsten vorne, und mit Thierbrüsten unter dem Bauche, sitzend, mit dem Vorderfuße ein Rad haltend, und auf dem Kopfe ein Kornmaaß tragend.

welches mit menschlicher Stimme redete, seinen Aufenthalt auf einem Berge bei Theben hatte, den Vorübergehenden ein Räthsel vorlegte*), und den, der es nicht lösen konnte, tödtete. Dieses Räthsel, welches sie aufgab, hieß:

„Welches Thier geht Morgens auf vier, Mittags auf zwei, und Abends auf drei Füßen.“

Niemand konnte dieses Räthsel lösen, und da bereits schon mehrere Thebaner von der Sphynx getödtet worden waren, so seßte König Kreon, als auch sein Sohn Hämon ein Opfer der Sphynx geworden, Herrschaft und Hand seiner Schwester Iokaste auf die Lösung. Da erschien Dedipus und löste das Räthsel**) folgendermaßen :

„Es ist der Mensch, der als Kind auf Händen und Füßen kriecht, als Mann gerade auf zwei Füßen geht, und als Greis den stüßenden Stab zu Hülfe nehmen muß.“

So wie das Räthsel gelöst war, stürzte sich die Sphynx vom Berge herab, war todt ***), Theben war von diesem Ungeheuer für immer befreit, und Oedipus erhielt das Reich und die Iokaste zur Gemahlin. Erwähnenswerth dürfte noch sein, daß diese Sphynxsage öfters von der Kunst bildlich dargestellt ist †), wobei wir aber wohl unterscheiden müssen, ob sich die Kunstdarstellung auf die Zusammenkunft des Oedipus mit der Sphynx, oder darauf bezieht, wie die Sphynx die Thebaner, welche das

*) Daher das Sprichwort Bouwtiza αiviyμata, worunter man dunkle, unverständliche Reden verstand.

**) Daher wird Oedipus sprichwortweise von einem Manne gesagt, der schwierige Aufgaben enträthseln kann; so heißt es bei Plautus Poen. I, 3, 34:

Nam isti quidem, hercle orationi Oedipo

Opus est conjectore, qui Sphingi interpres fuit.

Bei Terentius Andr. I, 2, 24 sagt der Sklave Davus zu seinem Herrn: „,non intellego, Davus sum non Oedipus", d. h. ich bin viel zu einfältig als daß ich den Sinn dieser dunklen Rede errathen könnte. Prof. Taubmann in Wittenberg hat in Reusner's aenigmatographia (von welcher § 93 die Rede ist) Folgendes an den Verf. gerichtet:

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Tunc etiam gryphos et caeca aenigmata vulgas?

At quotus haec quisque est qui legat aut capiat?

Namque opus his non lector homo, sed Apollo tenebris,
Aut quibus abstrusas prodit Apollo notas.

Qui lubeat, vel Sphinx, vel Apollo vel Oedipus esto:
In me Taubmanni simplicitasque Davi est."

***) Wenn ein Räthsel aufgelöst ist, so hört es auf ein Räthsel zu sein, es ist als solches getödtet.

+) Jahn hat in seinen archäologischen Beiträgen, Berl. 1847, S. 112 diese Darstellungen beschrieben. Auch bei Millin, mythologische Gallerie, Taf. 137, Nr. 504. Laf. 138, Nr. 505. Taf. 142, Nr. 502. 503 befinden sich hierher gehörige Abbildungen nach alten geschnittenen Steinen.

Räthsel nicht lösen konnten, hinwegrafft. Jahn hat sich besonders bemüht, diesen Unterschied festzustellen. Auf Oedipus werden am sichersten jene Kunstwerke bezogen, wo der auf einem Felsen, seltener auf einer Säule oder einem Altare sigenden Sphynx ein ruhig stehender oder sigender Mann gegenüber sich befindet, der durch Haltung und Geberde zu erkennen gibt, daß er das Räthsel zu errathen beschäftigt sei; Oedipus ist meistens jugendlich, nur einmal bärtig, bekleidet oder auch nackt dargestellt, gewöhnlich mit einer oder zwei Lanzen oder mit einer Keule bewaffnet, oder stüßt fich auf einen Stab; er ist nicht immer allein, sondern zuweilen von einem Genossen begleitet. Zweifelhaft wird die Deutung auf Oedipus bei einem Basenbilde, wo vor der Sphynx ein Jüngling sitt, und außerdem auf der einen Seite zwei Epheben, auf der andern ein bärtiger Mann und ein Jüngling stehen, alle mit der Lösung des Räthsels beschäftigt, was sie theils durch stilles Nachsinnen, theils durch lebhafte Geberden kund thun; hier führt theils die zahlreiche Versammlung, theils der Umstand, daß die Sphyny dem vor ihr sizenden Jünglinge die Klaue auf das Knie legt, zu der Ansicht, daß Thebaner vorgestellt sind, welche vergeblich das Räthsel zu lösen versuchen, ehe Oedipus zu ihnen kam; dieselbe Deutung gilt auch noch für andere vorhandene Kunstdarstellungen, wo die Sphynx einen Fuß nach den bei ihr stehenden Figuren entweder ausstreckt, oder ihn auf die= felben legt. Auf andern Kunstwerken sehen wir es zu einem Kampfe kommen: auf einem Vasenbilde sehen wir die Sphynx hinter einer Säule lauernd, mit erhobenem Fuße zum Ansprunge bereit, und auf einer Gemme, wie sie mit einem großen Saße auf einen Jüngling zuspringt, und sich an dessen vorgehaltenen Schild anklammert, er aber von Entsetzen ergriffen, kaum noch Kraft zu haben scheint das Schwert gegen sie zu gebrauchen. Auf einem Vasenbilde bekämpft ein Jüngling die vor ihm kauernde Sphynx mit einer Keule; diese Darstellung hat man mit Unrecht auf Oedipus bezogen, denn Oedipus besiegt die Sphynx nicht im Kampfe, sondern dadurch, daß er ihr Räthsel löst, und dies ist der charakteristische Zug der Sage: erst nachdem sie von ihm auf diese Weise besiegt worden ist, wie sie be= fiegt werden konnte, tödtet sie sich selbst oder bietet sich dem Oedipus zum Tode an, und so sehen wir auch den Oedipus auf Gemmen im Begriffe die Sphynx mit dem Schwerte zu tödten, aber hier ist keine Spur von einem Widerstande von ihrer Seite, nichts deutet auf einen vorausgegange= nen Kampf, vielmehr gleicht die Handlung einem Opfer. Sieht man aber, wie der Kampf mit der Sphynx zum Verderben des mit ihr Kämpfenden ausgeht, so ist nicht zu zweifeln, daß nicht Oedipus, sondern thebanische

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Jünglinge, die den Kampf mit ihr wagen, dargestellt sind. — Mehrfach hat sich noch das Räthsel der Sphynx verbreitet. Bon dem Tragiker Ascle= piades aus Tragilum in Thracien, wird ein aus sechs Büchern bestehendes, in Prosa geschriebenes Werk (ta toazwdovuera) angeführt, in welchem Alles, was auf die Dramen, deren Stoffe und Behandlung, die zu Grunde liegenden Mythen u. s. w. sich bezog, zusammengestellt ist, und in welchem sich auch das Räthsel der Sphynx folgendermaßen aufgezeichnet befindet*). Εστι διπου επι γης και τετραπον, ου μια φωνη,

και τριπον, αλλάσσει δε φυσιν μονον οσσ' επι γαιαν
ερπετα γεινονται και αν αιθερα και κατα ποντον.
αλλ' οποταν πλειστοισιν ερειδομενον ποσι βαίνη,
ενθα τάχος γυιοισιν αφαυροτατον πελει αυτου.

Schweighäuser hat es in seiner Ausgabe von Athenaeus só über

tragen:

Unum nomen habens quadrupesque bipesque tripesque
naturam pariter mutato tempore mutat

de maris et terrae coelique animantibus unum:
mirarique licet, pedibus cum pluribus instat,
tum magis atque magis celerandi amittere vires.

Es kommt auch folgende lateinische Uebersetzung vor:

Est bipes, est quadrupes in terris (solaque vox huic)
Atque tripes: mutat speciem solum, omnia campis
Inter quae serpunt, quae coelo et fluctibus errant.
Ast ubi contendit pedibus jam pluribus; illi ́
Deficiunt vires et lentis robora nervis.

Gleich ist das deutsche Räthsel:

„was ist das, was zweifüßig, dreifüßig und vierfüßig ist, und die Geftalt allein von allen auf Erden, in Luft und Meer Wandelnden wechselt, und, wenn es sich mit den meisten Füßen auf die Erde stüßt, am schwächsten ist.“. In der § 98 erwähnten Räthselsammlung von Pincierus heißt es: Sum primum gradiendi impos, quadrupesque deinde, Tum bipes, inde tripes; gressus videt ultima meta Expertem, primus qualem quoque viderat ortus.

Pincierus sezt folgende ,,Solutio" bei:

De homine hoc aenigma interpretare. Is enim cum primum ex uteri materni hospitio extrusus, lucis hujus usuram auspiciatur, gradiendi facultate prorsus destituitur. Postmodum paulo firmior factus, innititur ma

*) Athen. Deipsnos. X, 83. G. auch Brunck, analect. veter. poetar. graecor. T. III, p. 321.

nibus atque pedibus, quadrupedique similis incedit*). Mox erigit sese, et bipes gressum. Ingravescente aetate scipionis adminiculo pedes firmat, atque tum fit tripes. Tandem vel morbo vel extrema senectute, quae et ipsa morbus est, fractus, ad incessum prorsus redditur ineptus, qualis et in ipso ortu fuerat, atque tunc denuo fit quadrupes."

In einer alten deutschen Handschrift zu Karlsruhe fand Mone**) dasselbe Räthsel so:

Wenn es an dem Morgen auf stät,

vier füß es an im hat;

so es mitten tag wirt,

so find im zwen füß beschert;

so die nacht her gat,

uf drien füffen es stat.

Wollen wir nun die griechische Sphynxmythe deuten, so müssen wir uns vorerst die egyptische Sphynx vorführen. Kolossale Steinbilder, ge= wöhnlich aus Granit oder Porphyr, mit dem Gesichte und der Brust eines Weibes, im Uebrigen ein liegender Löwe, manchmal mit einem Bärtchen am Kinn, oder auch mit Widder- oder Sperberköpfen; solche phantastische Gebilde standen in Egypten am Eingange der Tempel, und wohl auch in denselben, als hätten sie die Wache in Beziehung auf Geheimdienst; man betrachtete sie im Allgemeinen als die mystischen Hüter und Schußgeister der Tempel und als Symbole der Priesterweisheit. Bei den Egyptiern war also Sphynx das Sinnbild der Stärke mit Weisheit verbunden; die Grie= chen nun erhielten von den Egyptiern, wahrscheinlich durch die Phönizier, Begriff und Figur, nur wurde beides von den Griechen etwas modificirt; der Begriff der Stärke wurde mit der Grausamkeit vergesellschaftet, und die Weisheit wurde durch die Räthselsprache dargestellt. Nun gelangen wir zu den Sinn, welcher dem Räthsel der griechischen Sphynx zu Grunde liegt und den Lasauly ***) folgendermaßen entwickelt hat. Daß Oedipus das Räthsel der Sphynx gelöst habe, heißt objective nichts anderes, als daß die in sich abgeschlossene und verschlossene Natur des egyptischen Wesens durch und in dem griechischen Geist aufgeschlossen sei. Es ist also in diesem Zuge des sinnreichen Mythus das Verhältniß des Griechenthums zu Egypten ausgedrückt. Das alte an Räthseln reiche Wunderland Egypten bildet im Zusammenhang der weltgeschichtlichen Bewegung der Menschheit,

*) Derfelbe_Ausdruck kommt bei Ovid, metam. XV, 3 vor:
Editas in lucem jacuit sine viribus infans;

Mox quadrupes, rituque tulit sua membra ferarum.
**) Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit, Jahrg. 1838.
***) Ueber den Sinn der Dedipussage; Würzburg, 1841.

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