Der vor dem hochnothpeinlichen Halsgericht steht. In Wäldern und Feldern die einsamsten Oerter; Da traf ihn, auf selten betretener Bahn, Hans Bendix, sein Schäfer, am Felsenhang an. „Herr Abt, sprach Hans Bendix, was mögt ihr euch grämen? Ihr schwindet ja wahrlich dahin, wie ein Schemén ; Maria und Joseph! wie hotelt ihr ein! Mein Sixchen! es muß euch was angethan sein.“ Ach, guter Hans Bendix, so muß sichs wohl schicken : " Nichts weiter? erwiedert Hans Bendix mit Lachen, “ Herr, gebt euch zufrieden, das will ich schon machen;: Da sprang, wie ein Böcklein, der Abt vor Behagen. Hoch prangt er, mit Zepter und Kron' im Ornate: " Nun sagt mir, Herr Abt, als ein treuer Wardein, ‚„Für dreißig Reichsgulden ward Christus verschachert ; Nun aber sollst du mir berechnen und sagen: Um keine Minute zu wenig und viel, Ist dir der Bescheid darauf auch nur ein Spiel ?" Und stets fie in einerlei Tempo begleitet, So set ich mein Kreuz und mein Käppchen daran, Ganz recht! und das kann von der Wahrheit nicht fallen. #14 Pat Denn wißt, daß ich Bendix, sein Schäfer, nur bin.““ „Was Henker! du bist nicht der Abt von St. Gallen? How d Der Kaiser mit großem Erstaunen darein;" Ich will dich belohnen mit Ring und mit Stabe; Denn wenn man will ernten, so muß man auch sä’n.“ Mit Gunsten, Herr Kaiser, das laßt nur hübsch bleiben, Ich kann ja nicht lesen, noch rechnen und schreiben, Sehr hat mich ergehet dein luftiger Schwank, Umsonst bis an seinen sanftseligen Tod.“ § 30. Den Stoff zu diesen eben erwähnten beiden Balladen von. Perch und Bürger finden wir schon in folgenden drei älteren Schriften, nämlich 1. in einem Fastnachtspiele, wahrscheinlich von Hans Folz, 2. in Pauly's Schimpf und Ernst und 3. in dem Esopus von Waldis, in welchen gleichfalls ein Abt die ihm aufgegebenen Räthsel nicht errathen kann, und die statt seiner von einem Müller und einem Schweinehirten aufgelöst werden. 1. Das Fastnachtspiel, wahrscheinlich von Hans Folz, aus der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, ist betitelt:,, ein Spil von einem Keiser und eim Apt." Adelbert Keller hat es aus einer Papierhandschrift der Bibliothek zu Wolfenbüttel herausgegeben *). Der Kaiser ist von seinen Räthen, unter denen sich der Abt befindet, umgeben, und verlangt von ihnen einen Rath, wie dem überhandnehmenden Rauben und Morden abzustellen sei. Der Abt aber vermag keinen Rath zu ertheilen, und wird auch von den Andern angefeindet, wie denn der Herr von Meichssen sagt: Der apt hât euch je wol gerâten Zu gutem trank und feisten prâten. Und sorgt, wir reiten im ins fûter. *) EIN SPIL VON EINEM KEISER UND EIM APT. Herausgegeben von Adelbert Keller. Tübingen 1850. 23 Seit. in l. 8. Meine Mittheilung ist aus dieser Schrift. Nun giebt der Kaiser dem Abte drei Räthsel zu rathen auf: Drei sach müest ir uns råten schôn: Das êrst, wie vil wassers im mer sei, Und wem das geluck auf nêchst wonet bei, Was man solt fur in zalen ângevêr. Der Abt bittet sich acht Tage Bedenkzeit aus, fragt seinen Prior um Rath, der aber auch nicht die Aufgaben lösen kann, und den Müller empfiehlt, der als ein gewandter Kopf gewiß im Stande sei, die drei Räthsel zu beantworten. Der Müller wird zum Abte berufen, welcher ihm die drei Räthsel vorlegt, die der Müller vor dem Kaiser zu beantworten verspricht. Nun wird der Müller in die Kutte des Abtes gesteckt und vor den Kaiser gebracht, worauf sich folgendes Gespräch zwischen Beiden erhebt: Der keiser. Herr apt, herr apt, nû râtent an, Wie vil ist wassers in dem mer? Der neu apt. Das sag ich euch, genêdiger herr, Das mer ist neur drei kufen vol. Der keiser. Herr apt, sagt wie mag das gesein? Sô kunt man es umb ein tropfen nit sehen. Des meres sei nuer drei kůfen vol? Der neu apt. Des wil ich euch bescheiden wol. So belieb des mers nit ein tropf uber. Der neu apt. Můz mich dar an benůgen lân. Das ander můz er mich auch lâssen verstân, ་ Der neu apt. Ir gelt kaum achtundzweinzig darneben. Wer je das geluck am nêchsten gewan. Der neu apt. Genêdiger keiser, sô hôrt an! Der keiser. Nû tret zů uns, ir alter apt! Seit ir mit im gewechselt habt Und er fur euch die dinc erriet, Der neu apt. Euren keiserlichen genâden dank ich sêr. Der keiser. Der neu apt. Pis ich mein mül verkaufen mag, Und meinen tochtern und knaben. Das sie ein munch zů eim vater haben, Das man mich ein mulner hât gesehen. 2. In Johannes Pauli's,,Schimpf und Ernst*)" aus dem sechs= zehnten Jahrhunderte findet sich unter der Aufschrift: Ein Sewhirt wird Apt" folgende Erzählung: was Zvr zeht ein Apt der hat einen Edelman zu einem Kastenvogt **). Der Edelman was dem Apt nit hold vnd kunt doch kein vrsach wider in finden, beschickt den apt vnd sprach zu jm, Münch du solt mir drey fragen verantworten in dreien tagen. Zu dem ersten, soltu mir sagen, was du von mir haltest. Zu dem andern, wo es mitten vff dem erdtrich sey. By dem dritten, wie weit glück vnd vnglück von einander sey. Verantwurtest du die *) Der vollständige Titel ist: „Schimpf und Ernst heiset das Buch mit name durchlaufft es der welt handlung mit ernstlichen vnd kurzweiligten erempeln, parabolen vnd hystorien nützlich vnd gut zu befferung der menschen". Die erste Ausgabe ist zu Straßburg 1522 erschienen. S. Ig. Hub's komische und humoristische Literatur der deutschen Prosaisten, 1 B. Nürnb. 1856. **) Benennung eines Vogtes, Advokaten oder Schutzherrn eines Klosters oder Stiftes, dessen besondere Pflicht darin bestand, den Kaften, 'd. i. die Einkünfte des Klosters oder Stiftes zu schützen und zu vertheidigen. |