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Der vor dem hochnothpeinlichen Halsgericht steht.
Er schickte nach ein, zwei, drei, vier Universitäten,
Er fragte bei ein, zwei, drei, vier Fakultäten,
Er zahlte Gebühren und Sportuln vollauf:
Doch löste kein Doctor die Räthseln ihm auf.
Schnell wuchsen, bei herzlichem Zagen und Pochen
Die Stunden zu Tagen, die Tage zu Wochen,"
Die Wochen zu Monden; schon kam der Termin!
Ihm wards vor den Augen bald gelb und bald grün.
Nun sucht er, ein bleicher hohlwangiger Werther,

In Wäldern und Feldern die einsamsten Oerter;

Da traf ihn, auf selten betretener Bahn,

Hans Bendix, sein Schäfer, am Felsenhang an.

„Herr Abt, sprach Hans Bendix, was mögt ihr euch grämen? Ihr schwindet ja wahrlich dahin, wie ein Schemén ; Maria und Joseph! wie hotelt ihr ein!

Mein Sixchen! es muß euch was angethan sein.“

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Ach, guter Hans Bendix, so muß sichs wohl schicken :
Der Kaiser will gern mir am Zeuge was flicken,
Und hat mir drei Nüff' auf die Zähne gepackt,
Die schwerlich Beelzebub selber wohl knackt.
Zum Erften: wann hoch er, im fürstlichen Nathe,
Zu Throne sich zeiget, im Kaiser-Ornate,
Dann soll ich ihm sagen: ein treuer Wardein,
Wie viel er wohl werth bis zum Heller mag sein.
Zum Zweiten soll ich ihm berechnen und sagen:
Wie bald er zu Roffe die Welt mag umjagen,
Um keine Minuté zu wenig und viel;
Er meint, der Bescheid darauf wäre nur Spiel.
Zum Dritten, ich Aermster von allen Prälaten,
Soll ich ihm gar seine Gedanken errathen :
Die will er mir treulich bekennen; allein
Es soll auch kein Titelchen Wahres dran sein.
Und kann ich ihm diese drei Räthsel nicht lösen,
So bin ich die längste Zeit Abt hier gewesen;
So läßt er mich führen zu Esel durchs Land,
Verkehrt, statt des Zaumes den Schwanz in der Hand. ́

"

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Nichts weiter? erwiedert Hans Bendix mit Lachen, “

Herr, gebt euch zufrieden, das will ich schon machen;:
Nur borgt mir eur Käppchen, eur Kreuzchen und Kleid,
So will ich schon geben den rechten Bescheid." "se
Versteh ich gleich nichts von lateinischen Brocken,
So weiß ich den Hund doch vom Ofen zu locken ;::
Was ihr euch, Gelehrte, für Geld nicht erwerbt, ***
Das hab ich von meiner Frau Mutter geerbtni

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Da sprang, wie ein Böcklein, der Abt vor Behagen.
Mit Käppchen und Kreuzchen, mit Mantel und Kragen
Wird stattlich Hans Bendix zum Abte geschmückt,
Und hurtig zum Kaiser nach Hofe geschickt.
Hier thkonte der Kaiser im fürstlichen Rathe,

Hoch prangt er, mit Zepter und Kron' im Ornate:

"

Nun sagt mir, Herr Abt, als ein treuer Wardein,
Wie viel ich it werth bis zum Heller mag sein?“

‚„Für dreißig Reichsgulden ward Christus verschachert ;
Drum gäb ich, so sehr ihr auch pochert und prachert,
Für euch keinen Deut mehr als zwanzig und neun,
Denn Einen müßt ihr doch wohl minder werth sein.“
„Hm, sagte der Kaiser, der Grund läßt sich hören,
Und mag den durchlauchtigen Stolz wohl bekehren;
Nie hätt ich, bei meiner hochfürstlichen Ehr,
Geglaubet, daß so spottwohlfeil ich wär.

Nun aber sollst du mir berechnen und sagen:
Wie bald ich zu Rosse die Welt mag umjagen,

Um keine Minute zu wenig und viel,

Ist dir der Bescheid darauf auch nur ein Spiel ?"
,,,,Herr, wenn mit der Sonn' ihr früh sattelt und reitet,

Und stets fie in einerlei Tempo begleitet,

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So set ich mein Kreuz und mein Käppchen daran,
In zweimal zwölf Stunden ist Alles gethan.
„Ha, lachte der Kaiser, vortrefflicher Haber!
Ihr füttert die Pferde mit Wenn und mit Aber;
Der Mann, der das Wenn und das Aber erdacht,
Hat sicher aus Häckerling Gold schon gemacht.
Nun aber zum Dritten, nun nimm dich zusammen,
Sonst muß ich dich dennoch zum Esel verdammen,
Was denk ich, das falsch ist? das bringe heraus,
Nur bleib mir mit Wenn und mit Aber zu Haus.“
,,,Ihr denket, ich sei der Herr Abt von St. Gallen ;

Ganz recht! und das kann von der Wahrheit nicht fallen. #14 Pat
Sein Diener, Herr Kaiser, euch trügt euer Sinn,

Denn wißt, daß ich Bendix, sein Schäfer, nur bin.““

„Was Henker! du bist nicht der Abt von St. Gallen? How d
Rief hurtig, als wär er vom Himmel gefallen,

Der Kaiser mit großem Erstaunen darein;"
Wohlan denn, 'so sollst du von nun án es sein;

Ich will dich belohnen mit Ring und mit Stabe;
Dein Vorfahr besteige den Esel und "trabe,
Und lerne fortan erst quid Juris verstehn,

Denn wenn man will ernten, so muß man auch sä’n.“

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Mit Gunsten, Herr Kaiser, das laßt nur hübsch bleiben,

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Ich kann ja nicht lesen, noch rechnen und schreiben,
Auch weiß ich kein einziges Wörtchen Latein;
Was Hänschen versäumet, holt Hans nicht mehr ein.““
„Ach, guter Hans Bendix, das ist ja recht Schade,
Erbitte demnach dir eine andere Gnade;

Sehr hat mich ergehet dein luftiger Schwank,
Drum soll dich auch wieder ergeßen mein Dank.“
,,,Herr Kaiser, groß hab ich so eben nichts nöthig:
Doch, seid ihr im Ernst mir zu Gnaden erbötig,
So will ich mir bitten, zum ehrlichen Lohn,
Für meinen hochwürdigen Herren Pardon:““
„Ha bravo, du trägst, wie ich merke, Gefelle,
Das Herz wie den Kopf auf der richtigen Stelle,
Drum sei der Pardon ihm in Gnaden gewährt,
Und obendrein dir ein Panis-Brief beschert:
Wir lassen dem Abt von St. Gallen entbieten:
Hans Bendix soll ihm nicht die Schafe mehr hüten,
Der Abt soll sein pflegen, nach unserm Gebot,

Umsonst bis an seinen sanftseligen Tod.“

§ 30. Den Stoff zu diesen eben erwähnten beiden Balladen von. Perch und Bürger finden wir schon in folgenden drei älteren Schriften, nämlich 1. in einem Fastnachtspiele, wahrscheinlich von Hans Folz, 2. in Pauly's Schimpf und Ernst und 3. in dem Esopus von Waldis, in welchen gleichfalls ein Abt die ihm aufgegebenen Räthsel nicht errathen kann, und die statt seiner von einem Müller und einem Schweinehirten aufgelöst werden.

1. Das Fastnachtspiel, wahrscheinlich von Hans Folz, aus der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, ist betitelt:,, ein Spil von einem Keiser und eim Apt." Adelbert Keller hat es aus einer Papierhandschrift der Bibliothek zu Wolfenbüttel herausgegeben *). Der Kaiser ist von seinen Räthen, unter denen sich der Abt befindet, umgeben, und verlangt von ihnen einen Rath, wie dem überhandnehmenden Rauben und Morden abzustellen sei. Der Abt aber vermag keinen Rath zu ertheilen, und wird auch von den Andern angefeindet, wie denn der Herr von Meichssen sagt:

Der apt hât euch je wol gerâten

Zu gutem trank und feisten prâten.
Sô es nû zů den streichen gêt,
Sô secht ir wol, wie er dort stet

Und sorgt, wir reiten im ins fûter.

*) EIN SPIL VON EINEM KEISER UND EIM APT. Herausgegeben von Adelbert Keller. Tübingen 1850. 23 Seit. in l. 8. Meine Mittheilung ist aus dieser Schrift.

Nun giebt der Kaiser dem Abte drei Räthsel zu rathen auf:

Drei sach müest ir uns råten schôn:

Das êrst, wie vil wassers im mer sei,

Und wem das geluck auf nêchst wonet bei,
Das dritt, was ein keiser wert wêr,

Was man solt fur in zalen ângevêr.

Der Abt bittet sich acht Tage Bedenkzeit aus, fragt seinen Prior um Rath, der aber auch nicht die Aufgaben lösen kann, und den Müller empfiehlt, der als ein gewandter Kopf gewiß im Stande sei, die drei Räthsel zu beantworten. Der Müller wird zum Abte berufen, welcher ihm die drei Räthsel vorlegt, die der Müller vor dem Kaiser zu beantworten verspricht. Nun wird der Müller in die Kutte des Abtes gesteckt und vor den Kaiser gebracht, worauf sich folgendes Gespräch zwischen Beiden erhebt: Der keiser. Herr apt, herr apt, nû râtent an, Wie vil ist wassers in dem mer?

Der neu apt. Das sag ich euch, genêdiger herr,
Das solt ir mir gelauben wol,

Das mer ist neur drei kufen vol.

Der keiser. Herr apt, sagt wie mag das gesein?
Tet man all küfen darauz und drein,

Sô kunt man es umb ein tropfen nit sehen.
Wie tort ir dann ein solches jehen,

Des meres sei nuer drei kůfen vol?

Der neu apt. Des wil ich euch bescheiden wol.
Wenn groz genůc wêren die zuber,

So belieb des mers nit ein tropf uber.
Der keiser. Ir herrn, wie gefelt euch die sach?
Was sol ich thun, dan das ich lach?

Der neu apt.
Der keiser.
Der neu apt.

Můz mich dar an benůgen lân.

Das ander můz er mich auch lâssen verstân,
Was sei wir keiser an gelt wol wert
Herr, gilt der grosch heur als fert?
Herr apt, er gilt der pfennig siben.
Ich find in mein půchern geschriben,
Das eur genâde gult vier groschen.
Der keiser. Maint ir, wir sein als gar erloschen
Oder wir sein auz taig gemacht?
Genêdiger keiser, habt selbs acht!
Cristus der ward umb dreissig geben,

Der neu apt.

Ir gelt kaum achtundzweinzig darneben.
Der keiser. Herr apt, herr apt, ich strâf euch nit.
Na râtend uns hie auch das dritt,

Wer je das geluck am nêchsten gewan.

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Der neu apt. Genêdiger keiser, sô hôrt an!
Ich bin der herr, des gelauben habt!
Vor was ich ein mutner, jez ein apt,
Und kunt ich lesen, singen und schreiben,
Man müest mich lân im clôster bleiben.

Der keiser. Nû tret zů uns, ir alter apt!

Seit ir mit im gewechselt habt

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Und er fur euch die dinc erriet,
Darumb solt ir eur lebtag niet
Mêr apt sein und gebt im das regiment!
Mulner, die schlussel nim in die hent
Und nim von im weis und lêr!

Der neu apt. Euren keiserlichen genâden dank ich sêr.
Ich bit euch, erlaubt mir acht tag,

Der keiser. Der neu apt.

Pis ich mein mül verkaufen mag,
Das ich sag meiner mulnerin,
Wie si nû sei ein eptissin,

Und meinen tochtern und knaben.

Das sie ein munch zů eim vater haben,
Im klôster sei ich das hochste haupt.
Jâ, mulner, das sei dir erlaupt!
Ir edeln fürsten und herrn, seit gewert,
Wer fur mein klôster reit, gêt oder fert,
Dem wil ich guten willen beweisen
Mit kost, mit fåter, nagel und eisen,
Und tût mich darumb nit versmêhen,

Das man mich ein mulner hât gesehen.

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2. In Johannes Pauli's,,Schimpf und Ernst*)" aus dem sechs= zehnten Jahrhunderte findet sich unter der Aufschrift: Ein Sewhirt wird Apt" folgende Erzählung:

was

Zvr zeht ein Apt der hat einen Edelman zu einem Kastenvogt **). Der Edelman was dem Apt nit hold vnd kunt doch kein vrsach wider in finden, beschickt den apt vnd sprach zu jm, Münch du solt mir drey fragen verantworten in dreien tagen. Zu dem ersten, soltu mir sagen, was du von mir haltest. Zu dem andern, wo es mitten vff dem erdtrich sey. By dem dritten, wie weit glück vnd vnglück von einander sey. Verantwurtest du die

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*) Der vollständige Titel ist: „Schimpf und Ernst heiset das Buch mit name durchlaufft es der welt handlung mit ernstlichen vnd kurzweiligten erempeln, parabolen vnd hystorien nützlich vnd gut zu befferung der menschen". Die erste Ausgabe ist zu Straßburg 1522 erschienen. S. Ig. Hub's komische und humoristische Literatur der deutschen Prosaisten, 1 B. Nürnb. 1856.

**) Benennung eines Vogtes, Advokaten oder Schutzherrn eines Klosters oder Stiftes, dessen besondere Pflicht darin bestand, den Kaften, 'd. i. die Einkünfte des Klosters oder Stiftes zu schützen und zu vertheidigen.

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