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§ 69. Von Cleobulus*) von Lindus hat Brund **) folgendes Räthsel, das Jahr mit den zwölf Monaten und den dreißig Tagen mit Tag und Nacht bedeutend, mitgetheilt:

Einer ist Vater, und zwölf find Kinder ihm, aber ein jedes

Kind hat zweimal dreißig verschieden gestaltete Kinder;

Diese sind weiß von Farbe zu schauen, schwarz aber die andern,

Und unsterblichen Seins, doch schwinden herunter fie alle.

Von der Tochter des Cleobulus, Cleobuline, wegen ihrer Weisheit auch Eumetis genannt***), und berühmt im Aufgeben und Errathen von Räthseln, ist, von den vielen Räthseln, welche sie gedichtet haben soll†), nur noch folgendes, welches in Plutarch's Gastmahl der sieben Weisen vorkommt, vorhanden:

"

Einer seßt dem Andern Erz mit Feuer an den Körper." [Der metallene Schröpfkopf der Alten.]

§ 70. Von dem Grammatiker Diomedes tt) haben Calcagnius, de tesserar. ludo, Basil. 1544, p. 296, und Voss, comment. rhetor., P. II, Marb. 1781, p. 208 folgendes Räthsel aufbewahrt:

„Ich sah menschliches Fleisch, welches auf einem hölzernen Felde mit Knochen spielte." [Die Auflösung ist ein Würfelspieler: das menschliche Fleisch ist die Hand, das hölzerne Feld der Tisch von Holz, und die Knochen sind die Würfel, welche von den Alten von Thierknochen gefertigt wurden.]

§ 71. Von dem Tragiker Theodektes von Phaselis (um 400 v. Chr.), der im Erfinden und Lösen von Räthseln sehr berühmt war, sind nur noch

*) Einer von den sieben Weisen Griechenlands und Tyrann von Lindus; er soll Gedichte und Räthsel aouara nαi yoipovs, an dreitausend Verse verfaßt haben. Diog. Laert. I, 89.

**) Analect. veter. poetar. graec. T, I. Argentor. 1776, p. 76.

"

***) In Plutarch's Gastmahl der sieben Weisen kommt folgende Stelle über fie vor: In der Halle saß Anacharsis, und vor ihm stand ein Mädchen, welches mit den Händen seine Haare in Ordnung brachte, und auf Thales zulief. Thales füßte sie. Ich fragte, wer dieses Mädchen sei? Kennst du sie nicht, sagte er, die wegen ihrer Weisheit so berühmte Eumetis? Wenn du fie lobst, sagte Niloremus, so geschieht es wohl wegen ihrer Weisheit und Geschicklichkeit in Räthseln, denn einige ihrer Aufgaben sind sogar bis nach Egypten gekommen. Deswegen nicht allein, erwiederte Thales, denn mit den Räthseln spielt sie nur, wenn es ihr einfällt, wie mit Würfeln zum Zeitvertreibe der Gesellschaft; aber sie besißt noch eine bewunderungswürdige Größe der Seele, einen richtigen Verstand, zumal in Staatssachen, eine menschenfreundliche Denkungsart, und hat ihren Vater zu einem milden Regenten seiner Bürger gemacht."

†) Diog. v. Laerte I, 89. Fabricius, biblioth. graec. T. II, p. 117. 654. T. IV, p. 469.

tt) Bekannt durch seinen Commentar und Scholien, die er zu der Grammatik des Dionysius Thrax schrieb.

folgende zwei, von Athenaeus X, 74 aufbewahrte Räthsel vorhanden *), von denen das erste den Schatten, das zweite Tag und Nacht bezeichnet.

1. Das Wesen nenne mir, dem nicht auf Erden,

Im Meere nicht, nicht unter Sterblichen

Ein Zweites gleicht; dem Wachsthum seiner Glieder
Gab die Natur ein sonderbar Gesetz.

Ist es geboren, da ist es mächtig groß,

Doch klein erscheint's in seines Alters Mitte,

Und ist's dem Ende seines Daseins nah,

Wie wunderbar, dann wird's zum Riesen wieder.

2. Kennst du zwei der Geschwister, von denen eines das andre

Sterbend gebiert, um selbst vom Gebornen geboren zu werden?

Diese Räthsel sind einigemal ins Lateinische übersetzt worden. Schweighäuser hat sie in seiner Ausgabe von Athenaeus so übertragen:

1. In rerum natura, quotquot terra nutrix fert,

Quotquot mare, atque adeo nec inter homines aliquid est,

Quod membrorum habeat incrementum simile huic.

Ortus namque principio maxima ea res est;
Medio vigore parva; senectute autem in ipsa,
Magnitudine ac specie maxima rursus.

2. Sorores geminae, gignit quarum altera semper
Alteram, et inde parens fit filia nata vicissim.

Bei Gyraldus, Oper. Basil. 1580, Tom. II, p. 448. 462, fommen

fie so übertragen vor:

1. Natura quaecunque parit tellus, neque pontus,

Nec similem membrorum auctum mortalibus affert:
Est haec quando suo natali maxima primo:
Dum medius vigor est illi, parva; inque senecta
Redditur aspectu et major, proceraque rursus.
2. Una aliam gignit; geminae sunt namque sorores,

Quaeque prius genita est, mox rursus gignitur ipsa.

§ 72. Bei Athenaeus X, 85 findet sich folgendes griechische Räthsel, von denen aber kein Verfasser angegeben ist:

„Fünf Männer famen mit zehn Schiffen auf einem Plaße zusammen und lieferten eine Schlacht mit Steinen, es war aber kein Stein zum Aufheben da; fie gingen vor Durst zu Grunde, obschon ihnen das Waffer bis über das Kinn ging." [Es ist dieses Räthsel schwer zu verstehen **), und troß vielfacher Be

*) Bei Theodektes findet man auch das s. g. grammatische Räthsel auf den Nameu OHZEYZ, welches ich in § 15 erwähnt habe.

**) Schweighäuser hat es in seiner Ausgabe von Athenaeus so übersetzt:
Quinque viri decem navibus concurrerunt in unum locum;
Lapidibus pugnabant, lapidem vero tollere non licuit:
Siti peribant, aqua vero superabat mentum.

mühungen noch keine richtige Lösung gefunden. Casaubonus*) fagt:,,Nobis hodie obscurum illud est; interpretum conatus, judicio meo, plus meretur laudis, quam eorum interpretationes." Dalechamp**) gibt folgende Erklärung: „quinque classis praefecti pugnam decem navibus commiserunt. Praeliatum esse saxis, quamvis in aequore saxum nullum possit colligi. Bellatores siti perierunt, ardore pugnandi aestuantes: et sitibundi, quamvis aqua mentum superaret, depressis ac demersis navibus. Quidam aquam mento superiorem interpretantur stillantem e naribus stiriam." Eine andere Erklärung eines Ungenannten führt Casaubonus an: nach dieser seien die fünf Männer Kämpfer, die zehn Schiffe die zehn Hände (weil nämlich auf Titulos gezielt werde, welches sowohl ein Schiff, als die zum Schlagen ausgestreckte Hand bedeute); die Steine, auf welchen sie stritten, sei ein gepflasterter Plaß, das Wasser, das ihnen bis über das Kinn ging, sei der Schweiß. Dagegen bemerkt aber Casaubonus mit Recht, daß die ungleiche Zahl fünf sich nicht zu Fechtern schicke, und daß Hervλos nicht von einem Schiffe gesagt werde, sondern vom Rauschen des Meeres beim Rudern, oder vom Ruder allein, oder von den Ruderern; doch könne eine gedoppelte Metalepsis angenommen werden, nach welcher diese Ideen: Ruder, Ruderknecht, Schiff, einander erzeugt haben.)]

§ 73. Eine Sammlung von acht und dreißig Räthseln aus verschie= denen griechischen Schriftstellern hat Brunck, analecta veterum poetarum graecorum, Tom. III. Argentor. 1776 p. 318-326, mitgetheilt.

§ 74. Zu der byzantinischen Literatur gehören 1. Psellus (geb. zu Constantinopel 1020 n. Chr.), wegen seiner umfassenden Gelehr= samkeit mit dem Ehrennamen qloçoço vaтos belegt. Er hat mehrere an den Fürsten Michael gerichtete Räthsel in griechischer Sprache verfaßt, welche Boissonade, anectoda graeca, Vol. III, Paris 1831, p. 429-436, nach den Cod. der k. Bibliothek zu Paris mitgetheilt hat. 2. Bafilius Megalomites, dessen in griechischer Sprache verfaßten Räthsel sich gleichfalls bei Boissonade, p. 437-452, befinden.

§ 75. Die Römer waren zu ernst, als daß sie an dem Spiele der Räthsel einen besonderen Geschmack hätten finden können, und es war nur sehr selten, daß bei ihnen, wie bei den Griechen, bei den Gastmahlen zur Unterhaltung Räthsel aufgegeben wurden. Die römische Literatur ist daher sehr arm ́an Räthseln. Apulejus foll ein,,liber ludricorum et gryphorum" geschrieben haben, dasselbe aber verloren gegangen sein. Aulus Gellius (noctes atticae) spricht zwar in Lib. XII, Cap. VI,,,de aenigmate", sagt darüber aber nur Folgendes ***): „Quae graeci dicunt aenig

*) Animadversion. ad Athenaeum, Lugd. 1600, p. 485.
**) In seiner Ausgabe von Athenaeus; Lugd. 1583, p. 341.

*** Ich citire nach der Ausgabe von Lion, Götting. 1824, Vol. II, p. 141.

mata, hoc genus quidam e nostris veteribus scirpos appellaverunt: quale est, quod nuper invenimus per hercle antiquum perque lepidum tribus versibus senariis compositum, aenigma: quod reliquimus inenarratum, ut legentium conjecturas in requirendo acueremus. Versus tres hi sunt:

Semel minusne, an bis minus, non sat scio;

An utrumque eorum, ut quondam audivi dicier,
Jovi ipsi regi noluit concedere.

Hoc qui nolet diutius apud sese quaerere, inveniet quid sit in M. Varronis De sermone latino ad Marcellum libro secundo." Diese Schrift von Barro, auf welche sich Gellius hier beruft, ist jedoch verloren gegangen; es läßt sich daher nichts Näheres über dieses Räthsel angeben.

§ 76. Wir haben eben ersehen, wie arm die römische Literatur an Räthseln ist; aber desto reichhaltiger ist die der spätern Lateiner, die wir hier anreihen können. Hier finden wir die zwei berühmten und fruchtbaren Räthseldichter Symposius und Aldhelmus.

S 77. Caelius Firmianus Symposius (auch Symphosius oder Symphrosius) hat im vierten Jahrhunderte eine Sammlung von hundert Räthseln in Herametern herausgegeben *), worüber mehrere Ausgaben und Commentare vorhanden sind, von denen wir besonders auf fol= gende aufmerksam machen: Die älteste Ausgabe ist von Joachim Perionius, über deren Druckort und Jahrzahl man noch uneinig ist, die jedoch mit ziemlicher Gewißheit von Mich. Maittairius **) nach Paris äuf das Jahr 1533 verlegt wird; der Titel heißt: Symphosii veteris poetae Aenigmata, nunc primum inventa et excusa, cum sententiis septem Graeciae sapientum emendatioribus et auctioribus; apud Ludovicum Cyaneum. Eine zweite Ausgabe erschien 1537 zu Paris apud Jacobum Kerver unter dem Titel: Symphosii poetae veteris elegantissimi erudita juxta ac arguta et festiva Aenigmata, nunc primum inventa et excusa: accesserunt septem Graeciae sapientium sententiae multo quam antehac emendatiores et versibus aliquot etiam auctiores. Symposii aenig

*) Dieselben werden von Einigen mit Unrecht dem Kirchenvater Lactantius beigelegt; f. 3. B. Centum aenigmata vetera diu sub Symposii poetae nomine circumlata, deinde a nonnullis tanquam symposium a Lactantio conscriptum edita; recensuit, illustravit et praefatus est J. F. Heynatz, Franc. 1775. L. Caelii Firminiani Lactantii Symposium, illustr. Chr. Aug. Heumannus, Hannov. 1722. Hertz in Bähr's Geschichte der römischen Literatur, 2. B. Karlsruhe 1845, S. 703. **) Annal. typograph. Tom. II, p. 791. 1

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mata, edita a Francisco Basuelo; Basil. 1563. Aenigmata Sym posii Poetae cum scholiis Josephi Castalionis; Rom. 1581. [Ausführ= lich hat sich über diese Ausgabe ausgesprochen Irenaeus, in Schelhorn's amoen. litter. Tom. II, p. 485.] Von demselben Werke erschienen später noch zwei neue Auflagen zu Rom 1597 und 1607. [Fabricii Bibl. lat. Vol. III, p. 271. Heumannus, Poeciles Tom. II, lib. I, p. 109.] Petrus Pithoeus hat seiner Schrift: „Poëmatia vetera, Paris. 1590", p. 404,,Aenigmata Caelii Symphosi" einverleibt. Jacobus Pontamus hat im dritten Bande seines,,Progymnasmatum Latinitatis, Ingolst. 1592", pag. 779, unter der Aufschrift: „Aenigmata" mehrere Räthsel des Symposius angeführt, ohne jedoch den Verfasser zu nennen. Nicolaus Reusnerus, Aenigmatographia, sive Sylloge aenigmatum et griphorum convivalium ex variis auctoribus collectorum; Francof. 1602, p. 148. Hier sind die Räthsel des Symposius nach der Ausgabe von Perionius aufgenommen; und pag. 256 find einige von Joachim Ca= merarius ins Griechische übersetzt. Caelii Symposii aenigmata cum scholiis Jos. Castalionis; fabulas et aenigmata veterum poetarum graecorum et latinorum adjunxit Conr. Rittershusius. Lugd. 1598. Dasselbe Werk neu aufgelegt und mit Anmerkungen von Meursius versehen, 1610. (Fabricius, bibl. lat. Lib. II, Cap. 3. § 3.) - Aenigmata veterum et recentium, cum notis Josephi Castalionis in Symposii Aenigmata. Duaci 1604. Franciscus Schottus, itinerarii Italiae Germaniaeque Libri IV; Colon. 1620. Dieses Werk enthält in Libr. IV, p. 338 „aenigmata et griphi ex Symposio“. Nicolaus Causinus, Symbolica Aegyptiorum sapientia; Colon. 1623. 1654. Paris. 1647; enthält,, Aenigmata Symposii." Phaedri fabulae, quibus acced. Symposii aenigmata; Cura et studio Georgii Walchii; Lips. 1713. 1724. Mich. Maittarius, opera et fragmenta veterum poetarum latin. Lond. 1713. Der zweite Band enthält: „Caelii Symposi Aenigmata". - Poetae latini minores, curavit J. Christ. Wernsdorf, Helmst. 1794, Tom. VI, enthält sämmtliche Räthsel des Symposius. Paul, dissertat. de Symposii anigmat., Berol. 1854. Der Verfasser bespricht die verschiedenen Ausgaben und Linguistisches; die Räthsel selbst erwähnt er nicht. Von diesen hundert Räthseln des Symposius follen nun einige hier mitgetheilt und erläutert werden.

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1. Dulcis amica Dei, ripis vicina profundis,
Suave canens Musis; nigro perfusa colore,
Nuntia sum linguae, digitis stipata magistri.

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