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geht Simson nach Ascalon, erschlägt dreißig Philister, nimmt ihnen die Feierkleider ab und giebt sie den dreißig Gesellen, und verläßt voll Unmuth seine Frau. Herder*) stellt als Zweck, warum Simson von den Philistern ein Weib begehrt und nachher ihnen ein Räthsel aufgegeben habe, den auf, um Gelegenheit zu erhalten mit den Philistern Händel anfangen zu können **). Simson war ein heroischer Abenteurer, der besonders durch Jovialität und Uebermuth charakterisirt war. Wein und starkes Getränke war ihm versagt ***), desto mehr hielt sich der rasche Jüngling an Aben= teuer und Liebe. Allein welch' ein sonderbarer Gedanke: „ich will ein Weib aus den Philistern nehmen, damit ich eine Ursache zu Händeln mit ihnen finde," war das Liebe? Keine empfindsame unseres Jahrhunderts, eine Abenteurer-Liebe, denn, schlugen die Philister ihm das Weib ab, so war Grund genug zu Händeln mit den Philistern da, und gaben ihm die Philister das Weib, so lassen sich ja auch mit einem Weibe Händel erhei= rathen. Nun warf bei der Hochzeit Simson den Apfel der Eris hin, nämlich das Räthsel, das schwer zu errathen, und an eine harte Bedingung, sechszig Kleider zu schaffen, was damals viel war, geknüpft war. Warum ließ sich aber der so starke Simson die Auflösung des Räthsels von seinem Weibe entlocken? Weil er, wie mehrere Helden der Art gegen Männer stark, aber gegen Weiber schwach war†); man fand ihn entweder im Schooße eines Weibes oder im Handgemenge mit Männern. Er entdeckt dem Weibe das Räthsel, und geht und schlägt dreißig Philister todt, plündert ihre Häuser und bringt die Kleider; und das wollte er ja eben. Das ist die historisch begründete und rechtfertigbare Deutung des Simson'schen Räthsels. Aber die Sucht, in den althebräischen Erzählungen Prototypen des Christenthums finden zu wollen, hat auch dieses Räthsel christianisirt; so sagt Augustinus:

künftigen Erndte bezeichnet im Bilde das Durchbrechen der räthselhaften Worte, um zu ihren verborgenen Sinn zu gelangen. Wir sagen in einem andern Bilde, eine harte Nuß aufknacken, um zu ihren Kern zu gelangen."

*) Vom Geiste der hebräischen Poesie, Tübing. 1805, 2 Thl. S. 253.

**) Simson, Israelite, war den damals über Israel herrschenden Philistäern, die ihn gereizt hatten, besonders gram, und fügte ihnen, als glücklicher Parteigänger durch mehrere heroische Thaten vielen Schaden zu. Er spricht selbst (Buch der Richter XV, 3) seinen Haß gegen die Philisträer und seinen Vorsatz, ihnen Schaden zuzufügen, aus.

***) Simson war dem Bunde der Nasträer einverleibt, welche sich der geistigen Getränke enthalten mußten; IV. B. Mof. 6, 2. 3. 4. Buch der Richter XIII, 3. 4.

†) So wie er seinem Weibe sein Räthsel verrieth, so offenbarte er auch der Hure Delila das Geheimniß, daß er seiner Stärke beraubt sei, wenn man'ihm seine Haare abschneide; B. d. Nicht. XVI.

,,de comedente exivit cibus, quid aliud significat, quam Christum a mortuis resurgentem? de edente utique, id est de morte, quae cuneta devorat, atque consumit, exivit cibus ille, qui dixit: Ego sum panis vivus, qui de coelo descendi;" und analog hat sich auch Menzel*), der in Simson ein alttestamentalisches Vorbild Christi (als der allüberwindende starke Held, aber auch als der Verrathene und Leidende) erkennt **), ausgesprochen: „, in dem Gerippe des Löwen, den Simson getödtet hatte, nisteten Bienen, daher das Räthsel Simson's: Süßes kommt vom Starken; das wurde folgerecht Sinnbild der christlichen Kirche, die gleich einem Bienen= stock im Grabe Christi ihren Ursprung und ihre Heimath gefunden."

VII.

§ 51. Alle Völker haben Räthsel. Ihr Wiß und Scharfsinn, ihre Dichtungsgabe äußert sich damit über einzelne Gegenstände auf die leichteste Weise; es wäre zu wünschen, daß wir von allen Völkern Proben ihres Wißes und ihres sich übenden Scharffinnes in Sprichwörtern, Scherzen und Räthseln hätten, wir hätten damit die eigensten Gänge ihres Geistes, denn jeder Völkerstamm hat in Auffindung solcher Aehnlichkeiten bei seinen Lieblingsideen und Lieblingsgegenständen ganz seine eigenthümliche Weise ***). Gehen wir nun zu einer Rundschau der nationalen Literatur des Räthsels über.

§ 52. Bei den alten Hebräern†) muß, bei ihrer bekannten Neigung zur allegorischen und parabolischen Redeweise, die sie mit den übrigen orientalischen Völkern gemein hatten, die Unterhaltung mit Räthseln sehr ausgebildet gewesen sein; aber es ist uns verhältnißmäßig wenig von ihnen erhalten worden. Aber noch lange standen die Räthsel in Ansehen, und Sirach rühmte von einem Schriftgelehrten: „versteckte Geheimnisse erforscht

*) Chriftliche Symbolik, 2 Thl. Art. Simson.

**) Auch Büchner (biblische Real- und Verbal-Concordanz, 9te Aufl. von Heubner, Art. Simson) sagt: „Simson war ein Vorbild Christi."

***) Herder, a. a. D. S. 273.

†) Die Schrift von Bellermann, de hebraeorum, aenigmatibus, Erf. 1796, konnte ich nicht auffinden.

er und mit Räthselsprüchen beschäftigt er sich," und Salomo lobt er mit den Worten:,,die Erde bedeckte dein Geist, und du fülltest sie an mit Räthselsprüchen.“ Das Räthselspiel Salomo's mit der Königin von Saba wurde schon in § 36 erwähnt. Nebstdem ist noch Salomo's Räthselcorre= spondenz mit dem Könige Hiram*) zu erwähnen**). An diesen, welcher nach seines Vaters Abibals Tod zur Regierung von Tyrus gelangte, schickte Salomo, der damals zu Jerusalem regierte, Räthsel, und erbat sich der= gleichen auch von ihm, mit dem Vorschlage, daß der, welcher sie nicht würde lösen können, dem Andern eine Geldstrafe erlegen solle. Hiram nahm den Vorschlag an und mußte, da er die Räthsel nicht lösen konnte, zur Strafe eine große Summe Geldes bezahlen. Hierauf lösete sie aber ein Tyrier, Namens Abdamon, und legte dagegen dem Salomo Räthsel vor, welche dieser nicht lösen konnte, und daher an Hiram viel bezahlen mußte.

§ 53. Ein hebräischer Weiser, Agur, der Sohn Jakeh's, von dem weiter nichts bekannt ist, hat in dem von ihm verfaßten dreißigsten Capitel der Sprüche Salomo's folgende fünf Sprüche aufgestellt, die unbestreitbar ihrer Fassung nach den Räthseln beigezählt werden dürfen, wofür auch noch der Umstand spricht, daß Agur Auflösungen beigesetzt hat; sie heißen so:

1. Drei Dinge find unersättlich, und das vierte spricht nie: „es ist genug.“ 2. Drei Dinge sind mir zu wunderbar, und das Vierte begreife ich nicht. 3. Drei Dinge beunruhigen (machen erbebend) ein Land, und das Vierte mag es nicht ertragen. 4. Viere sind zwar die kleinsten der Erde, und dennoch klüger als die Weisen. 5. Drei Dinge schreiten herrlich einher, und das Vierte geht schön einher. [Auflösung. 1. Die Hölle; die Unfruchtbarkeit des Weibes ***); die Erde, die nie satt an Wasser wird†), und das Feuer, welches nie sagt ,,genug"††). 2. Der Weg des Adlers in den Himmel; der Weg der Schlange auf den Felsen; der Weg des Schiffes auf dem Meere†††), und der Weg des

*) Er war Freund und Bundesgenosse Davids und Salomo's (Nessel, diss. de amicitia Salom. et Hirami; Upsal. 1734), denen er, jenem zum Baue eines königlichen Palastes, diesem zum Tempelbau und zur Ausrüstung einer Flotte phönizische Künstler und Holz sendete. 1. Buch der Könige V, 1-18. 2. Buch Samuel V, 11. 1. Buch Chronik XV, 1. 2. Buch Chronik II, 3.

**) Flavius Josephus, a. a. O Lib. VIII, Cap. 5. § 3. Derselbe contra Apionem Lib. I, § 17.

***) Wie das unfruchtbare Weib unersättlich ist, zeigt 1. Buch Mof. XXX, 1, wo die unfruchtbare Rahel mit Ungestüm Kinder verlangt: „schafft mir Kinder, wo nicht, so sterbe ich."

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†) In der Edda wird den Trinkern angerathen, die Erdkraft anzurufen, denn , die Erde trinkt und wird nicht trunken“.

++) 3m Hitopadeca (eine indische Fabel- und Spruchsammlung; Ausg. von Laffen, S. 66) heißt es: „das Feuer wird nicht satt des Holzes".

+++) Weil der Adler zum Himmel fliegt, die Schlange über den Felsen kriecht, und das Schiff die Wogen durchschneidet, ohne daß eine Spur des Weges, den sie genommen haben, zurückbleibt, deshalb scheinen ihre Wege wunderbar.

Mannes in die Dirne*). 3. Ein Knecht, wenn er König wird; ein Thor, wenn er zu satt ist; eine Gehaßte (Feindselige), wenn sie geehelicht wird; eine Magd, wenn sie ihre Herrin beerbt. 4. Die Ameisen, ein schwaches Volk, und doch schaffen sie sich im Sommer ihren Vorrath an Speisen. Die Klippendachse, ein schwaches Volk, und baut dennoch in Felsen sein Haus. Die Heuschrecken haben keinen König und ziehen doch in geordneten Haufen aus **). Die Spinne ***) arbeitet mit den Händen und ist in der Könige Schlöffern. 5. Der Löwe, mächtig unter den Thieren, er kehrt nicht um vor Jemand; der Lendenstarke (d. i. der Hirsch), ein Widder und ein König, gegen den sich Niemand auflehnen darf†).

Zwei dieser eben erwähnten Räthsel find später von lateinischen Dichtern nachgebildet worden. Das erste von Hieron. Arconatus unter der Ueberschrift: „Tria insatiabilia"; das zweite von Sebast. Scheffer unter der Ueberschrift:,,quatuor res nulli cognitae":

1. Omnia cum possint expleri, tempore nullo

Expleri possunt foemina, flamma, fretum.

2. Dic mihi, tunc quovis sapiente valentior esto,
Omnia qui cerebro te retinere putas.

Sub Jove sunt aquilae vestigia quanta volantis ?
Rupe colubrorum sunt ubi signa pedum?
Semina quae medio dum currit in aequore nauta?
Quis juvenum scrotis ad loca foeda gradus?

§ 54. Von Abul Hassan Juda Ha-Levi, einem der größten neuhebräischen Dichter, geb. in Castilien um 1080, kenne ich folgende Räthsel++):

*) Was darunter zu verstehen sei, erhellt aus dem nachfolgenden Spruche, der aber nicht mehr zu den Räthseln gehört:,,so macht es die Ehebrecherin, sie genießt, wischt sich den Mund und spricht: ich habe kein Unrecht gethan," d. h. man kann an ihr, als einer schon geschlechtlich gebrauchten Frau, nicht entdecken, daß ste einem Andern den Weg zu ihren Geschlechtstheilen, den Ehebruch, gestattet. Auf analoge Weise bezieht es Schultens (proverbia Salomonis; Lugd. Bat. 1748, p. 456) auf die erkennbaren Merkmale der Jungfrauschaft: via viri in adolescentula, vel, cum puella, scilicet jam corrupta; nam in virgine vestigium deflorationis extat, in corrupta non item." Wohl mit Unrecht bezieht es Bertheau (die Sprüche Salomo's, Leipz. 1847, S. 110) auf den Mann, und auch Herder wird man nicht beistimmen können, wenn er (a. a. D. S. 271) darunter die Bildung des Menschen im Mutterleibe, was den Morgenländern das tiefste Räthsel war (Prediger Salomo, XI, 5), verstehen will.

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**) Alle, welche Heuschreckenzüge beobachtet haben, stimmen darin überein, daß fie in einer geregelten Ordnung ziehen. Morier, der mehrere solcher Züge beobachtet hat, sagt: ste scheinen durch einen gemeinschaftlichen Instinkt angetrieben zu werden, und sich in einem geschlossenen Zuge zu bewegen, der einen Anführer an seiner Spitze hatte. Auch Shaw bemerkte, daß sie Ordnung wie Soldaten halten.

***) Einige haben mit Eidechse übersetzt. S. meine Schrift: Zur Bibel; naturhistorische, anthropologische und medicinische Fragmente. Nürnb. 1848, 1. Thi. S. 33. +) Einige übersetzen auch so: ein König in seinem Purpur“, s. Meier's hebräisches Wurzelwörterbuch, S. 668.

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††) Aus Jolowicz, der poetische Orient, Leipz. 1853, S. 324.

1. Was ist's, das nackt ins Grab man legt,
Und dennoch nicht den Tod erleidet,
Dort Kinder zeugt, fie sorgsam pflegt,
Bis sie erscheinen wohl bekleidet.

2. Was ist's doch, über das, wenn's weint,
Das Herz uns fröhlich lacht;

Das aber, wenn es heiter scheint,
Betrübt und traurig macht.

3. Ein kleiner Stab, doch unermeßlich werth,

Grünfarben, wie von Liebesgram verzehrt,

Von hohlem Körper, doch mit muth'gem Herzen,
Wirft Helben nieder, bringt gar Bielen Schmerzen,
Eilt hin zum Faß, um weidlich sie zu füllen,
Mit leerem Mund vollführt's nicht seinen Willen.
Und fünf der Diener sind bereit zur Stelle,
Vollziehend unverdroffen die Befehle.

Bald liebt's Gesang und Schmuck zu überreichen,
Bald weiß es Fürstenherzen zu erweichen,
Den Frieden kann's, den Krieg bereiten.

Sag' an, was ist's, was soll's bedeuten?

[Auflösung. 1. Das Weizenkorn. 2. Der Himmel, wenn Regen nöthig ist. 3. Das Schreibrohr.]

§ 55. In der vierten der Makamen des in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts lebenden hebräischen Dichters Juda Ben Salomon Alcharifi lassen sich zwei Hebräer in einen gegenseitigen Wettstreit ein, in welchem sich folgende zwei Räthsel*) befinden **):

1. Eine Dirne, geboren auf dem Feld, gerüstet wie ein Held, des Morgens der Beute nachstellt; leichter Füße, schmaler Lenden, fißt sie an allen Enden; schwarz und doch schön ist die Kleine ***), doch von Eva's Töchtern keine, hat dunkle Tracht und kommt aus ihrer Höhle Nacht; eilt jeden Tag dem Morgenlicht zuvor und ist frühmorgens unterm Thor†), läuft auf allen Steigen und Sträuchen, allen Wegen und Stegen, allen Straßen und Gaffen. So lang der Winter dauert hält sie sich eingemauert, und ist der Winter aus, so kommt sie heraus aus ihrem Haus, nach ihrer Nahrung hin und her zu eilen, und kann

*) Ich entnehme die deutsche Nachbildung von Krafft, Proben neuhebräischer Poesie, 1. Bd. Ansbach 1839.

**) Die Eigenthümlichkeit früherer hebräischer Dichter, ganze oder halbe Bibelverse in Prosa und Gedichte zu verflechten, oder wenigstens auf solche anzuspielen oder hinzudeuten, findet man bei Alcharisi sehr ausgedehnt; so auch bei den folgenden Räthseln, weshalb ich die treffenden Bibelstellen in Anmerkungen beifüge. ***),,Ich bin schwarz, aber gar lieblich", Hohes Lied I, 5.

†) Sie ruft in der Thür am Thor", Sprichwört. I, 21.

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