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§ 44. Daß das Aufgeben und Rathen von Räthseln eine erheiternde Unterhaltung bei den Gastmahlen*) gewähren kann, ist allseitig anerkannt worden.,,In jocosis narrationibus, sagt Kircher**), atque conviviorum sermonibus suus est locus; quod et ingenium acuere simul, et suspensum et dubium auditorum animum facete possunt ad praesentium et adstantium hilaritatem et laetitiam"; Wachsmuth***) sagt:,,die Griphoi waren eines der vielerlei Wizspiele, mit welchem der hellenische Geist die Symposten zu beleben pflegte". So war es nun auch wirklich bei den Griechen gebräuchlich, sich bei den, von ihnen so sehr geschäßten Gastmahlen ****) Räthsel aufzugeben; darauf deutet die Stelle bei Aristopha= nest), wo Xanthias dem Sosias seinen Traum erzählt:

Xanthias.

Ein Adler, schien mir's, schoß

Auf den Markt herab, ein gewaltiger, packte mit seinen Klau'n,
Als ob's 'ne Schildkröt' wär', einen ehernen Schild,

Und trug ihn empor bis hoch in des Himmels blaue Höhn,
Und warf ihn wieder zur Erde trotz dem Kleonymos ††).

Sofias. Da fehlt ja dem guten Kleonymos, Freund, zum Räthsel nichts:
Was ist es, wird man künftig fragen beim Trinkgelag,

Was ist es für ein Geschöpf, das wohl zu Wasser und Land,

Zu Fuß und Roß hinweg die halbe Schildkröt' wirft?

Wer bei den Gastmahlen die Räthseln errieth, erhielt eine Belohnung, wer sie nicht errieth, mußte zur Strafe Wein mit Salz vermischt, oder sonst etwas Uebelschmeckendes trinken †††). Ein solches Gastmahl wird von Plutarch in seinem,,Gastmahle der sieben Weisen“ erwähnt. Ein Gastfreund gibt folgende Räthselfragen nebst ihren Auflösungen :

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Was ist das älteste ? die Zeit; was ist das größte? die Welt; was ist das weiseste? die Wahrheit; was ist das schönste? das Licht; was ist das gemeinste?

* Die Abhandlung von Zorn,,,diss. de antiquo ænigmatum in Coenis usu "konnte ich nicht auftreiben.

**) Oedipus ægyptiacus, T. II. P. I. Class. 1. Cap. 4. Rom. 1653, p. 28. ***) Hellenische Alterthumskunde, 2. Aufl. 2. Bd. Halle 1846, S. 700.

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***) Den fröhlichen Mahlen wurde ein besonderer Werth beigelegt, so daß Homer (Odyss. IX, 5) den Odysseus sagen läßt, er kenne kein angenehmeres Vergnügen als ein festliches Mahl. Zu den geselligen Genüffen, welche nebst dem Gefange mit dem Mahle verbunden waren, gehörten noch besonders gegenseitige Mittheilungen, Erzählungen 2c., daher der homerische Ausdruck: „das Herz nahm an dem Mahle Antheil"; Jl. I, 468. II, 431. VII, 320.

†) Wespen 15—23.

t) Kleonymos ist der von Aristophanes so oft verhöhnte, ein großer breitschultriger Mensch, der mit seinem Kriegsmuth prahlt, unter den Schreiern für den Krieg einer der lautesten ist, mit Helmbusch und Wehre umherstolzirt, und, wenn es zur Schlacht kommt, der Erste ist, der seinen Schild wegwirft und davonläuft.

ttt) Athenaeus, Deipnosophist. X, 88. Edit. Schweighaeuser. Stuckii, antiquitatum convivialium fibri tres, L. III, Cap. 17. Tiguri 1582, p. 359. Die bei ben Gaftmabien aufgegebenen Stäljeln bießen baber ξητηματα κυλικεια.

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der Tod; was ist das nüglichste? Gott; was ist das schädlichste? der Dämon; was ist das stärkste? das Glück; und was ist das leichteste? das Angenehme. Darauf erwiederte Thales Folgendes: Jebe dieser Auflösungen hat Fehler und Beweise von Unwissenheit. Wie kann die Zeit das älteste sein, da sie theils vergangen, theils gegenwärtig, theils zukünftig ist; die nach uns kommende Zeit muß ja für jünger gehalten werden, als die Dinge und Menschen, die jetzt sind. Daß er die Wahrheit für Weisheit hält, kommt mir ebenso vor, als wenn er sagte, Augen und Licht sei einerlei. Wenn er das Licht, wie es auch wirklich ist, schön nennt, wie hat er die Sonne übersehen können. Die Antwort hinsichtlich der Götter und Dämonen ist dreiste und gewagt, und die von dem Glücke ganz unüberlegt, denn wäre es unter allen Dingen das stärkste und festeste, so würde es sich nicht so leicht verändern. ́ So ist auch der Tod nicht das gemeinste, weil er mit den Lebenden nichts zu thun hat.“ Nun beantwortete Thales diese Fragen følgendermaßen: „Was ist das älteste? Gott, denn er hat keinen Anfang. Was ist das größte? der Raum, die Welt enthält alle Dinge, der Raum aber die Welt. Was ist das schönste? die Welt, denn Alles, was schön und ordentlich ist, ist ein Theil derselben. Was ist das weiseste? die Zeit, denn sie hat schon viele Dinge erfunden, und wird auch noch viele erfinden. Was ist das gemeinste? die Hoffnung, wer auch sonst Nichts hat, hat doch wenigstens diese. Was ist das nüßlichste? die Tugend, denn durch einen guten Gebrauch macht sie alles Andere nüßlich. Was ist das schädlichste? das Laster, wo es hinkommt, richtet es Verderben an. Was ist das stärkste? die Nothwendigkeit, denn sie allein ist unüberwindlich. Was ist das leichteste? das natürliche, denn auch der Wolluft wird man oft müde.*)

§ 45. Eine solche griechische Gastmahlscene hat Beder**) folgendermaßen nachgebildet:

,,Geben wir uns Räthsel auf, rief Charikles, ich liebe vor allem die Griphen, sie geben zu vielerlei Scherz Veranlassung. Dieser Vorschlag fand Beifall. Gut denn, sagte Glaukon, so bestimme ich dem, der die Aufgabe löset, eine dieser Tänien, und wer sie gestellt hat, muß ihm einen Kuß geben: Wer aber das Räthsel nicht erräth, der trinkt diese Schale voll ungemischten Weines aus; für dich aber, Stephanos, seßte er lachend hinzu, wird statt Wein Salzwasser eingegossen; sonst weiß ich wohl, daß du Nichts erräthst. Jeder gibt natürlich dem Nachbar zu seiner Rechten zu rathen auf. Also zuerst dir, Ktesiphon; höre an:

Kennest du zwei der Geschwister, von denen eines das and're
Sterbend gebiert, um selbst vom Gebornen geboren zu werden?

Einige dieser Räthselfragen hat Sebastian Scheffer nachgebildet; s. § 93. Charikles, Bilder altgriechischer Sitte, 2. Aufl., von Hermann, 1 Bd. Leipz. 1854, S. 167.

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Das ist leicht zu sagen, antwortete Ktesiphon rasch; die Geschwister find Tag und Nacht, die wechselweise sterben und gebären. Richtig, sagte Glaukon; hier schmücke ich dein Haupt mit dieser Binde und hier hast du meinen Kuß. Nun fahre fort. Ktesiphon wandte sich an Lysiteles und sprach: Das Wesen nenne mir, dem nicht auf Erden,

Im Meere nicht, nicht unter Sterblichen

Ein zweites gleicht; dem Wachsthum seiner Glieder
Gab die Natur ein sonderbar Gesez.

Geboren wird's: da ist es mächtig groß;

Doch klein erscheint's in seines Alters Mitte,
Und ist dem Ende seines Daseins nah,

Wie wunderbar, zum Riesen wird es wieder.

Ein sonderbares Wesen, sagte Lysiteles, das mir schwerlich einfallen wird. In der Kindheit groß, in seines Alters Blüthe klein und zuletzt wieder groß! O ja, rief er plößlich, man darf nur den Gnomon ansehen: es ist der Schatten, der des Morgens groß ist, und dann zusammenschrumpft, bis er gegen Abend sich wieder ausdehnt. Getroffen, rief die ganze Gesellschaft, und Lysiteles empfing Tänie und Kuß. Nun, Charikles, sagte er, ist es an dir zu rathen:

Nicht sterblich ist's, doch auch unsterblich nicht;
Gemischt aus beiden; halb der Menschen Loos
Und halb der Gottheit theilend; immer neu
Entsteht und schwindet wechselnd es dahin.
Unsichtbar ist's, doch Allen wohl bekannt.

Dein Räthsel ist etwas unbestimmt und dunkel, sagte nach einigem Nachdenken Charikles, doch irre ich nicht, so läßt es sich wohl vom Schlafe er= klären. Nicht wahr? Aber du hättest es deutlicher machen sollen. Nun aber Euktemon, fuhr er fort, jezt gib wohl Acht; mein Räthsel ist voll Widersprüche. Hüte dich vor der Strafe. Die Strafe möchte noch angehen, sagte Euftemon, aber du wirst mich doch nicht um deinen Kuß bringen? Hört, rief Glaukon, eines ist noch zu erinnern. Wie wenn die Aufgabe nicht gelöset wird? Soll dann der Nächste rathen? Nicht doch, meinte Ktesiphon, wer es zuerst erräth, dem gehört Binde und Kuß; räth er aber falsch, so trinkt er Strafe. Das wurde angenommen, und zu Euktemon gewendet sagte Charikles:

Kennst du das Wesen, das in seinem Busen
Die eignen Kinder still bewahrend trägt?
Stumm find ste; aber weithin über Meere
In fernes Land dringt ihrer Stimme Ruf.
Sie spricht, zu wem sie will, und in der Ferne
Bernimmt er sie, und Niemand hört sie doch.

Das war für den Scharfsinn Euftemon's zu viel. So sehr er sich abmühte, die stummen Sprecher zu errathen, es gelang ihm nicht und er mußte Strafe trinken. Ich weiß es, rief Stephanos; es ist die Stadt und ihre Kinder sind die Redner, die schreien, das man weit über das Meer in Asien und Thrakien es hört. Lautes Gelächter erfolgte. Aber, Stephanos, sagte Charikles, hast du auch schon einen Redner gesehen, der stumm wäre, er müßte denn dreimal der Paranomie überwiesen und ver= urtheilt worden sein? Salzwasser, riefen mehrere Stimmen, und so sehr es Stephanos verbat, er mußte den Becher schlürfen. Ich will euch des Räthsels Sinn sagen, sprach darauf Ktesiphon; es ist der Brief, und seine Kinder, die er in sich birgt, sind die Buchstaben, die stumm und lautlos zu dem nur sprechen, an den der Brief gerichtet ist. Vortrefflich, rief Glaukon, wie werden alle die Binden, die du heute verdienst, auf deinem Haupte Plaz finden! Jezt war die Reihe an Euktemon. Du sollst auch trinken müssen, sagte er zu Nausikrates, der unterdeffen die eine der Flötenspielerinnen auf sein Lager gezogen hatte; fage, was ist das: 13

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D, sagte Nausitrates, der Gegenstand ist nicht fern; das ist Niemand anders als Stephanos. Ich? rief der Parasit, das ist falsch; leider bestellt mich Niemand zum Schmause, die Welt ist so ernsthaft geworden, daß Niemand mehr über mich lachen will. Ganz recht, erwiederte Nausitrates: als Kranz wird es bestellt, und als Parasit kömmst du ungeladen, und trinkst mehr als zehn andere. So ging es nun den ganzen Kreis der Gäste hindurch, bis die Reihe an Stephanos war. Jetzt werdet ihr staunen, fagte er:

Zehn Monde währt's, da kömmt das Kind zur Welt;
Zehn Jahre trägt des Elephanten Mutter

In ihrem Leib der Glieder Niesenbau;

Doch länger noch trag ich ein Ungethüm

An Größe stets und stets an Stärke wachsend

In meinem Leib und werd' es nimmer los.

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O, rief Glaukon lachend aus, ich hätte gern nicht gerathen, um deinen Bart nicht küssen zu müssen; aber das ist doch zu leicht, denn daß es der Hunger ist, den du im Leibe trägst, das begreift Jedermann. Es wurde

noch hin und her über die Aufgaben gescherzt, da trat die von Lysiteles bestellte Tänzergesellschaft in den Saal, und nun begann eine andere Art der Unterhaltung.

§ 46. Wir reihen hier an die Heiterkeit der Tafel den Frohsinn der Liebe an, und fügen erotische Räthsellieder bei. In einem alten deutschen Liede verspricht der Jüngling das Mädchen zut ehelichen, wenn es seine ihm aufgegebenen Räthselfragen beantwortet*):

Jungfer, ich will ihr was aufzurathen geben,

Und wenn sie es erräth, so heirath ich sie.
Was für eine Jungfrau ist ohne Zopf?

Was für ein Thurm ist ohne Knopf?

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"

,Der König in der Karte hat keinen Thron,

Der Stiefelknecht hat keinen Lohnt."

Was für ein König ist ohne Land ?'

Was für ein Wasser ist ohne Sand?

,,Der König auf dem Schilde**) ist ohne Land,
Das Wasser in den Augen ist ohne Sand."
Wo ist eine Scheere, die man nicht schleift?

Wo ist eine Amsel, die niemals pfeift?

„Der Krebs hat Scheeren, die man nicht schleift,

Eine ausgestopfte Amsel niemals pfeift.“

Welches schöne Haus hat weder Holz noch Stein?

Welcher grüne Strauß hat keine Blümelein?

"

Das kleine Schneckenhaus hat weder Holz noch Stein,

Der Strauß am Wirthshaus hat keine Blümelein.“

Welcher Schüß zielt stets und trifft doch nie?

Was lernt ein Mädchen gar ohne Müh?

"

Der Schüß am Himmel zieht stets und trifft doch nie,

Lieben lernt ein Mädchen gar ohne Müh':"

Was geht tiefer wohl als ein Bolz?

Und welches ist das trefflichste Holz?

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*Simrock's deutsches Räthselbuch, erstes Heft, S. 80.
**) D. i. der auf ein Wirthshausschild gemalte König.

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