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Blutmischung habe? Konstituirt die bestimmte Form und der besondre Charakter der in ihren Theilen sich verändernden Gebilde der Natur nicht eben so gut ein zeitweiliges Sein dieser einzelnen Gebilde wie die unzerstörbaren Kräfte und Stoffe, von denen fie gebildet worden, das ewige Sein des unendlichen Ganzen? Will man jenen einzelnen Erscheinungen das Sein deshalb absprechen, weil sie sich stets verändern, so kann man auch den in ihnen wirkenden Kräften das Sein absprechen, weil sie sich stets durch ein verändertes Produkt manifestiren. Nach der Analogie eines Sates des Cartesius läßt sich sagen: Alles verändert sich, folglich ist Alles. Es gibt aber Philosophen, die im Stande wären zu sagen: die Erde dreht sich, folglich eristirt sie nicht. Ferner ist die Veränderung eine conditio sine qua non des Lebens, das Leben manifestirt sich durch fortwährende Veränderung, verbunden mit fortwährender Bewegung. Danach ließe sich der weitere Satz aufstellen: Alles verändert sich, folglich lebt Alles. Um aber den schulphilosophischen Begriff des Seins zu erfüllen, müßte Alles unveränderlich, also todt sein. Philosophischer Schluß: Alles ist todt, folglich ist Alles.

Diejenigen, welche aus der Veränderlichkeit der Erschei nungen der Natur die Folgerung gezogen haben, daß nur diejenige Welt ein wahres Sein habe, welche der s. g. Geist von der wirklichen abstrahirt hat, übersehen merkwürdiger Weise ganz, daß dieser Geist und seine Welt sich ebenfalls fortwährend verändert. Wie wir nicht zwei Mal in den nämlichen Fluß treten können, so können wir auch nicht zwei Mal den nämlichen Gedanken haben. Der zweite, mag er auch im Allgemeinen den nämlichen Inhalt haben, wie der

Fluß im Allgemeinen das nämliche Wasser, wird stets eine andre Anregung, andre Verbindungen, andre Beziehungen, andre Formen und einen andren Verlauf haben, als der erste. Eben so veränderlich aber sind die Resultate unseres Denkens. Man sehe nur, welche ungeheure Reihe von Veränderungen die geistige Entwickelung in jeder Richtung durchlaufen, namentlich aber welche Sprünge die nämliche Philosophie schon gemacht hat, die uns belehrt, daß das wahre Sein nur in ihrer unveränderlichen Idee liege, die veränderliche Außenwelt aber nur Schein sei. Man wird finden, daß in dem ganzen großen Prozeß der menschlichen Geistes-Entwickelung nichts fest geblieben, als die von der Wissenschaft festgestellten Thatsachen und die der Natur abgelernten Gesetze.

Die s. g. idealistische (richtiger: spiritualistische) Philosophie erhielt ihre erste Haupt-Anregung von Anaxagoras, der schon etwa 500 Jahre vor der Geburt des ältesten Sohnes des heiligen Geistes lebte und eine von allem Stoff unabhängige und denselben frei beherrschende Intelligenz einführte. Der Hauptvertreter dieser Richtung im Alterthum aber war der f. 8. göttliche Plato, der eigentliche Schöpfer des philosophischen Gottes, der sich vor der Gefahr sicherte, gleich seinem ungerecht verurtheilten Lehrer den Giftbecher trinken zu müssen. Er theilte Alles ein in „Dasjenige, das immer ist, aber kein Werden hat, und Dasjenige, das immer wird, aber niemals ist." Und auf dem nämlichen Wege einer dualistischen Weltanschauung sind fast alle „idealistischen“ Philosophen, namentlich unsre teutschen, fortgeschritten, von dem altmodischen Schuster Jakob Böhme, welcher, Leffings Ausspruch zufolge, „das Glück gehabt hat, durch seinen

bloßen Unsinn der Theosoph Deutschlands zu werden", bis zu dem neumodischen Juwelier Hegel, der das ganze Univerfum in das diamantene Net seiner Logik hineinbaute". (Durch solche Redensarten hat sich eine ganze Generation imponiren lassen, ohne auch nur einen Augenblick zu bedenken, daß sie nichts sind, als vollständiger Unsinn.)

Wenn eine richtige Beurtheilung der Welt, d. i. die Wahrheit soll gefunden werden, so muß nothwendig die Beantwor tung der Frage vorausgehen: wer, welches Wesen, welche Intelligenz soll diese Beurtheilung liefern und was soll ihr als entscheidendes Maß dienen? Diese Frage wie ihre Be antwortung kann auf dieser Erdkugel natürlich nur vom Menschen ausgehen, denn es hat sich zur Zeit, so weit unser Gesichtskreis reicht, außer dem Menschen noch keine Wißbegierde und keine Autorität in der Welt gefunden, der es um die Wahrheit zu thun wäre oder an die wir uns wenden könnten. Auch ist es ein trotz unsern Philosophen noch nicht entdecktes Kunststück, in der unendlichen Welt zu existiren und doch einen unabhängigen Standpunkt außerhalb diefer Unendlichkeit einzunehmen, um unbefangen beurtheilen zu können, wie sie an sich" ist. Diese viel verhandelte Frage nach dem „Sein der Dinge an sich" ist schon widersinnig in sich. Sie kann doch nur aufgeworfen werden von einem Beurtheilenden, dem das Beurtheilte (die Dinge") gegenübersteht, und dennoch setzt sie ein Beurtheiltes für sich allein, ohne Beurtheilenden voraus. Denn die Herrn Philosophen stellen ja auf, daß das Urtheil die Dinge anders nehme, als sie an sich" d. i. ohne Urtheil existiren. Um ihnen daher das Kunststück möglich zu machen, daß Dinge an sich seien, müssen wir zuvor die menschliche

Intelligenz, die nach ihnen fragt, aus der Welt schaffen und bloß eine geistlose, anorganische oder todte Welt übrig lassen. Das wäre die philosophische Welt an sich. Es ist nur wunderbar, daß die Philosophen nicht bezweifeln, ihr eigener Geist sei an sich" anders, als er ihnen erscheint, sondern frischweg Alles für absolute Wahrheit annehmen und ausgeben, was er produzirt.

Es bleibt uns also nichts Andres übrig, als bei Beurtheilung der Welt unsern Standpunkt bescheiden innerhalb derselben zu nehmen, unbescheiden unser eigenes Urtheil zu Rath zu ziehen und uns selbst d. i. den Menschen zum Daß der Dinge" zu nehmen. Wir sind demnach genöthigt, als die Wahrheit Dasjenige gelten zu lassen, was das menschliche Erkennungsvermögen als haltbar ermittelt.

„Aber, werfen die Philosophen gegen alle Entgegnungen ein, ist es nicht eben eine willkürliche Annahme, daß das menschliche Erkennungsvermögen befähigt sei, die Dinge zu sehen wie sie sind? Selbst wenn wir ihre Existenz nicht bestreiten (eine Gnade, die z. B. Kant geübt hat um dem Geist das Futter oder Material nicht zu entziehen), so erscheinen sie uns jeden Falls (wie der nämliche Kant behauptet) entstellt oder alterirt durch persönliche Zuthaten, wie die Gesichtspunkte von Raum und Zeit, deren Maß wir überall anlegen (wonach ich also einen Baum nicht als Baum ansehen soll, weil ich mir gleichzeitig denke, wie alt und wie hoch er sein möge). Das Einzige aber, das wir rein und unzweifelhaft erkennen, ist das Erkennen selbst, ist die ideelle Welt in uns, die ihre eigenen Gesetze hat und ihre Entstehung nur einer ideellen Quelle verdanken kann." Auf diesem

Punkt angelangt, introduziren uns dann die Philosophen bei ihrem Gott, der Quelle aller Wahrheit, indem sie bald dar zuthun suchen, daß ihre ausgezeichnete Vernunft nur von einer noch ausgezeichneteren Vernunft-Potenz herrühren könne (woraus folgen würde, daß die legte wieder einer ausgezeichneteren ihren Ursprung verdanke u. f. f.), bald, daß diese Allvernunft existiren müsse, weil ihre philosophische Ber nunft nach ihr verlange. So muß Spinoza alle Vorstel lungen von Gott vernichten, um die ganze Natur zu Gott zu machen, den er mit dem Beinamen „Substanz“ bezeichnet. So weiß Leibniz, dessen monadenbelebte, d. i. von TheilPrinzipien erfüllte Welt im Grunde gar keinen Platz für einen Gott als All-Prinzip mehr übrig läßt, ihn doch als kommandirende oder Chef-Monade wieder einzuführen. So sucht Kant, nachdem er alle Beweise Anderer für das Dasein Gottes verworfen, dessen Existenz nachzuweisen als ein Postulat der praktischen Vernunft. So kommt Fichte, nachdem er früher das Ich an die Spitze gestellt und Gott in die „moralische Weltordnung“ aufgelöf't hatte, später als guter Christ zu der Entdeckung, daß „Nichts ist denn Gott" und daß der Mensch sich selbst vernichten muß, um in Gott zu versinken". Am Konsequentesten von Allen aber verfährt der Gipfelphilosoph der „Idealisten"), der englische Bifchof

*) Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, daß die gewöhnliche Bezeichnung des Gegensaßes von „Materialist“ und „Idealist“ eine durchaus falsche ist. Der Materialist hört nicht dadurch auf ein Idealist zu sein, daß er Idee wie Geist überhaupt auf eine reale Quelle zurückführt. Der richtigere Gegenfaß ist: Materialist und Spiritualist, welch leßter Ausdruck Alle umfaßt, die einen von der Materie unabhängigen „Geist“ annehmen, also die „idealistischen“ Philosophen so gut wie die religiösen Theologen. Die

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