網頁圖片
PDF
ePub 版

war die Burg, auf der wir stehen, mit der anderen dort vereinigt."

Und die Kinder blickten hinüber und winkten mit den Tüchern, als grüßten sie ihre ritterbürtigen Brüder und 5 Schwestern.

Und dann sahen sie in der Ferne auch ein Tuch im Winde flattern

„Der Joseph!" schrien sie und stürmten jauchzend Stiege und Treppe hinab.

IO Der Joseph kam die Dorfgasse herauf. Am Arm führte er sorglich eine Frau, die vergnügt drauflosmarschierte. Sein Gesicht leuchtete vor Wiedersehensfreude.

15

20

Kinder, Kinder, mr sin da! Wo es der Här? Dat '8 ming Moder, Här.“ 1

Er fuhr sich mit seinem roten Sacktuch tiefatmend über Kopf und Nacken.

Der Hausherr bot der Frau die Hand. „Seien Sie uns allen herzlich willkommen als Mutter unseres braven Jofeph."

Die Frau schüttelte kräftig die dargebotene Hand.

So hielten Mutter und Sohn ihren Einzug. Und die Freude zog mit ihnen ein.

Als der Joseph die sechzigjährige Frau auf ihr Zimmer geführt hatte, fehrte er zurück und meldete sich bei seinem 25 Herrn. Mit einem Arm hielt er den Hein, mit dem anderen die kleine Sibylle umschlungen.

Wie steht es sonst in Köln?" fragte der Alte.

Und der Joseph berichtete von den jämmerlichen Zuständen der Stadt, die durch die Requisitionen der Franzosen noch jammervoller geworden seien; von der Baufälligkeit der Häuser und dem Schmutz auf den Straßen, die nachts ohne Beleuchtung blieben; von dem Elend der ausgepreßten 5 Bürger, der grenzenlosen überhandnahme der Bettler und Strolche.

Der Herr nickte. „Vielleicht ist die schwere Schickung gut für Köln. Wo ist das herrliche Köln des Mittelalters geblieben? In Dunkelheit und Schmuß erstarrt. Es kann 10 auch aus dem Unglück ein Glück fommen."

„Da ist Josephs Mutter!" riefen die Kinder.

Die Alte kam herbei, hager und sehnig. Sie strich die Schürze glatt und sah aus lachenden Augen von einem zum anderen.

15

Die Kinder hatten zuerst sprachlos dem Reden gelauscht. Jetzt umtanzten sie Mutter und Sohn und klatschten in die Hände. Da griff sich die Frau die kleine Sibylle heraus und hob sie in die Luft. „Du lecker Dingen!" sagte sie und drückte sie an sich. Und die kleine Sibylle gab ihr einen herzhaften 20 Kuß.

Beim Morgengrauen war die Alte auf den Beinen. Blitzblank scheuerte sie das Haus, und wenn die Morgensuppe auf dem Herd brodelte, lief sie zur kleinen Sibylle herauf und bürstete ihr das Haar und lief zu den Knaben und sah 25 dort nach dem Rechten. Abend für Abend saß sie jetzt in der Küchenstube, die Nadel in der Hand, und die Kinder saßen

um sie herum. Dann erzählte sie Kölner Schnurren,1 daß das alte Burghaus vom Lachen der Kinder widerhallte und selbst der sorgenvolle Hausherr in seinem Zimmer lauschte und lächelte. Der Joseph aber schlich sich in den Kreis und 5 rieb sich die Hände.

Sie sah verstohlen nach ihm hin, und der Mutterstolz blitzte wohl aus ihren Augen. Aber sie ließ es ihn nicht merken.

Und die Herbstabende sanken schneller herab, und das 10 Dorf ging früher zur Ruhe. Nur im alten Burghaus

brannte die Lampe immer bis zur gleichen Stunde, und wo ihr Licht hinfiel, fiel es auf ein frohes und friedliches Bild.

Wenn die Kinder zu Bett gegangen waren, besprach der 15 Hausherr mit Barbara und Joseph, was dem nächsten Tag fromme. Dann nahmen auch sie ihre Lichter, wünschten sich gute Nacht und suchten ihr Lager.

Nur der Hausherr machte Abend für Abend den gleichen Rundgang. Vom Bett der kleinen Sibylle zum Bett der „Bist du es, Vater?" tönte wohl schlaftrunken

20 Knaben.

eine Stimme.

Und er antwortete leise und glücksfroh: „Ich bin es, Kinder. Schlaft wohl."

Dann ging auch er zur Ruhe, und das alte Burghaus 25 träumte von vergangenen Tagen, von Bischöfen und Prälaten, die unter seinem Dach geweilt, von vergangenen Tagen voll hohen kirchlichen Glanzes. Und träumte weiter vom Gestern

zum Heute, und aller Glanz der Vergangenheit verblaßte vor dem Kinderlachen, das vom Abend her in seinem Gemäuer hängengeblieben war.

[ocr errors]

V

Die Weinlese fiel spät in diesem Jahr, und der schöne Herbst hatte einen schlechten Sommer nicht mehr gutzumachen 5 vermocht. Nur wenige und geringe Trauben hingen an den Stöcken, als man in den ersten Tagen des Novembers die Weinberge öffnete.1 Man merkte, daß die rings im Quartier liegenden Soldaten schon Vorlese gehalten hatten.

Der Alte von der Burg ließ niemanden die Bestürzung 10 gewahren, mit der er den Segen des Herbstes überblickte. Er berechnete, daß der Erlös gerade für den billigen Mietzins reichen würde, den er an den Prior des Kölner Klosters, des Eigentümers des Burgwesens, abzuführen hatte, und seine Gedanken richteten sich ernst auf den kommenden Winter. 15

Auch Joseph war nicht so aufgeräumt wie bisher, und als er seinem Herrn den Besuch des Weinhändlers Schmitz meldete, des wohlhabendsten Mannes der Ortschaft, der alljährlich die Trauben anzukaufen pflegte, tat er es mit verdrießlichem Gesicht.

Der Hausherr ging dem Gast entgegen. Es war ein schwerer Mann von gewaltigem Körperbau, der ihn im Hof erwartete, mit gerötetem Gesicht, kleinen, klugen Augen, die aus ihrer dicken Umpolsterung scharf in die Welt zu blicken

20

verstanden, und rötlichweißem Bart und Haar. Im Alter war er dem Hausherrn gleich, der jetzt elastischeren Schrittes auf ihn zuging und ihm die Hand reichte.

„Treten Sie ein, Herr Schmitz, wir werden diesmal — 5 leider Gottes-unsere Geschäfte recht schnell abgewickelt haben."

Eine Weile blieb es still zwischen ihnen. Dann sagte der Alte von der Burg: „Es lohnt sich kaum, daß Sie die paar Bottiche besichtigen, Herr Schmitz. Ich schicke sie Ihnen 10 zum Verwiegen, und Sie zahlen mir, was Sie schätzen."

"Ihr Vertrauen ehrt mich, Herr. Ich könnt' Sie schön betrügen."

„Ein Adolf Schmitz betrügt nicht."

"Die Familie hat sich arg vergrößert. Mr sucht sich sons 1 15 gewöhnlich enen besseren Herbst dafür aus.“

„Waisenkinder können nicht auf einen guten Herbst warten, Herr Schmitz. Darin denken Sie doch wie ich."

"Dat tu' ich, weiß Gott."

„Meine Kinder haben bis heute noch nicht gehungert," 20 sagte der Hausherr, „und solange ich mit dem Joseph schaffen fann

Der starkleibige Mann beugte sich vor und legte ihm die Hand auf den Arm.

„Weiß ich doch, Herr, weiß ich doch. Woher wär' sons 25 mein Respekt? Na, nu will ich Ihnen mal wat sagen. Aus

lauter Respekt aus lauter Respekt kauf' ich Ihnen Ihre Trauben nit ab."

1

« 上一頁繼續 »