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Man sieht aus dieser disposition, dass die gliederung bis in die kleinsten unterteile hinein geht. Und zwar stehen die gruppen, wie Schönbach bemerkt, i. a. im gleichgewicht (s. 367).

A hat ungefähr 400 verse, B 345. Jeder dieser hauptteile zerfällt zunächst in drei unterteile (I. II. III) von verschiedenem umfang. Jeder dieser mit ausnahme von B I und III zerfällt in zwei kleinere teile (1, 2), und alle diese sind zweiteilig in ganz ausgesprochener weise (a-b).

Die teile A, B und I. II. III werden fast regelmässig durch einen ausruf oder einen allgemeinen satz abgeschlossen. Petitdruck macht sie kenntlich. Die schlüsse von A und B entsprechen einander. Dort wird aus der in I. II. III. geschilderten sachlage erwiesen, dass der liebende treu sein müsse. Hier werden die gründe dafür beigebracht, warum der geliebte nicht untreu werden könne. Die abschlüsse der teile I. II. III werden dazu benutzt, directe klagen oder mahnungen an die geliebte anzubringen. Ein besonderer schluss fehlt nur hinter A II, 1, doch sind die letzten verse 261-70 so gefasst, dass sie wie ein emphatischer abschluss wirken.

Welches der gedankengang des büchleins ist, zeigt die disposition. Man wird sich aus ihr davon überzeugen, dass Schönbach (a. a. o. s. 362 ff.) die folge der gedanken nicht zutreffend darstellt. Namentlich kann man nicht aufrecht halten, was er s. 366 erklärt, jedem satze folge eine replik, ihr schliesse sich eine duplik an, und so fort bis zu ende. Das gilt höchstens für B III, den teil in dem der dichter seine selbstquälerischen zweifel in geschlossener kette vorträgt: für die vorhergehenden stücke gilt es nicht. Auch von gesprächsform finde ich nichts in dem büchlein. Es ist ein brief, der freilich seiner anlage nach eigentlich abhandlung zu nennen wäre; diesen charakter verleugnet er wenigstens nirgends.

Die gedanken die den inhalt der A I 1, 2. II 1,2 u. s. w. bilden, werden meist so abgehandelt, dass ein allgemeiner erfahrungssatz vorangestellt und dann scharf dagegen widerspruch erhoben wird.

AI1 v. 53 ff.

ich hoere ie noch die wîsen
loben unde prîsen

volkomene minne

aber v. 90 daz hât sich nu verkêret ... und

v. 98 AI2 = = v. 137 ff.

v. 145 f.

A II 1 v. 171-178

=

daz ist mir niht ze guote komen.
ich hôrte sagen mære

daz triuwe und state wære

aller sælden beste ...

ich wirdes anders gewar.

ez lebent wærliche

vil harte ungelîche

sanfte in ir muote

der tôre und der fruote ...

und das ist recht. Dies wird in woldisponierter darstellung bewiesen. 180-204: der fruote, 205-211: der tôre. Nun die pointe von 1a: 212-240 ich bin weder ganz fruot noch ganz tóre, möchte zuweilen aber lieber tôre sein. Aber mit 241 kommt die wendung vor dem tôre werden schützt mich die

hoffnung, u. s. w.

A II 2 (v. 271 ff.) bringt zunächst wider allgemeine erörterungen über den treuen und untreuen. Mit v. 293 ff. setzt die abwehr solcher gedanken ein.

Diese gewohnheit, seine gefühle im anschluss an allgemeine erfahrungssätze zu schildern, erklärt auch, weshalb der verfasser des liebesbriefes so häufig aussprüche der wisen und sprichwörtliches heranzieht. Namentlich bedingt es die anlage von B II, dass die wisen hier oft auftreten. Denn dieser teil soll ja zeigen, dass die allgemeinen erfahrungen im falle des dichters nicht zutreffen. Dass bei dieser berufung auf die kundigen eine ziemliche belesenheit des dichters in der literatur seiner zeit hervortritt, ist nicht verwunderlich. Zu den von andern und mir beigebrachten parallelen trage ich hier noch nach

Büchl. 477 ff. sit nu die wîsen haben geseit ..

daz sich ein wol frumer man

alles des getræsten kan

des er niht gehaben mac.

Vgl. dazu Wigalois 35, 23 ff.:

dô teter als der biderbe man

der sich des wol getræsten kan

swes er niht gehaben mac.

Während bis B II die darstellung mehr ruhig ist, wird in B III die bewegung lebhafter. Das erreicht der verfasser

durch die schon H. v. Aue s. 59 erkannte engere verbindung der unterteile. Ganz wirksam, um die darlegung zu beendigen.

Oben musste Schönbachs ansicht abgelehnt werden, als sei das werk nachbildung der gesprächsform. Mehr trifft es zu, wenn er s. 366 findet, das büchlein sei ein mit lebhafter beredsamkeit vorgetragenes plaidoyer. Der dichter fühlt sich zwar durchaus in der lage eines schreibenden vgl. v. 121 für war ouch ich daz schribe aber das ganze ist doch stark rhetorisch gefärbt. Nun verrät die ganze anlage der arbeit gute dialektische schulung; offenbar hat der verfasser gelehrte bildung. Darum liegt nahe zu vermuten, dass im II. büchlein versucht ist, eine beim studium der rhetorik und dialektik erworbene fertigkeit im disponieren und vortragen auf ein thema der minnepoesie anzuwenden. Ich möchte in der tat glauben, dass der liebesbrief nach den regeln der schule gearbeitet ist, die man aus Cicero und Quintilian kennen lernte. Kenner der mittelalterlichen rhetorik und dialektik werden das vielleicht im einzelnen nachweisen können. Wir haben die bekannten drei teile: exordium, tractatio und conclusio. Die tractatio ist zweiteilig: A mit seiner positiven erörterung eine art confirmatio, B im charakter mehr der refutatio vergleichbar. Im exordium fehlt nicht das principium (1-13), in der conclusio nicht die peroratio (811 ff.).

Auch die zahlreichen antithesen passen sehr gut zu dem rhetorischen wesen des gedichtes. Nicht minder die eingewebten citate, die sehr oft als belege oder zierphrasen aus auctores locupletissimi verstanden werden müssen und nicht schlechthin als selbst widerholungen oder zufällige reminiscenzen gedeutet werden dürfen.

Wie dem nun auch sei, jedenfalls zeigt diese tatsache, dass der verfasser des büchleins zwar ein gebildeter und belesener mann, ein scharf denkender und origineller kopf war, aber kein dichter. Von poesie ist in dem werk wenig zu spüren, desto mehr aber von witz und dialektischer gewantheit. Der ausdruck der empfindung ist gemacht. Wirkliche leidenschaft und wärme des gefühls gibt es darin nicht, dafür rhetorisch zugespitzte wendungen und geistreiche oxymora. Versucht aber der verfasser zum gemüt zu sprechen, dann wird er sentimental (z. b. 403 ff.). Ich muss also trotz Schön

bachs urteil (s. 368) auf dem meinigen beharren, das ich H. v. A. s. 60 ausgesprochen habe. Nur möchte ich den dichter nicht mehr als 'nachtreter' und 'compilator' verurteilen. Denn er hat sicher nicht daran gedacht, dies erzeugnis seiner musse den werken eines Hartmann oder Gottfried, 1) an denen er sich gebildet, zur seite zu stellen.

Man tut darum, meine ich, dem dichter des Armen Heinrich und einer reihe vorzüglicher lieder grosses unrecht, wenn man ihm das poetisch wertlose büchlein zuschreibt. Liest man dieses ohne jeden philologischen nebengedanken, lässt man es rein als dichtung auf sich wirken, so macht es einen durchaus unerfreulichen eindruck. Keine wahre empfindung, aber die phraseologie der leidenschaft, wenig poesie, aber viel dialektik und geistreiches hin- und herreden. Der verfasser war zweifellos ein temperamentvoller und gescheiter mann, aber eben nur ein guter redner und disputator, kein guter dichter. Schon die bis ins kleinste durchgeführte logische disposition, die u. a. durch die bekannten prosaischen partikeln (sit, sit nu.., aber u. s. w.) dem leser geradezu aufgedrängt wird und die oben das angelegte schema zeigt, vernichtet von vornherein jede poetische wirkung. Der poetische eindruck beruht eben nicht auf einer wolgefügten schlusskette, sondern auf der einheitlichen, wolgefügten entwickelung eines vorgangs, der anschaulich sein oder mehr ins gebiet des gefühls fallen kann. Nach den proben, die Hartmann in seinen letzten liedern (insbesondere MF 205, 1 ff. 212,37. 214,12. 217,14) und im Iwein von seiner kunst gegeben hat, liebesempfindungen und liebesangelegenheiten stimmungsvoll darzustellen, sollte man ihm doch besseres zutrauen als dies büchlein. Dies selbst dann, wenn man annimmt, dass er hier nicht eigene, erlebte stimmungen darstellt, sondern bloss zur unterhaltung seiner dame ein so eigenartiges werk aus der phantasie geschöpft habe; nicht aber wenn man mit Schönbach s. 347 glaubt, das zweite büchlein beziehe sich auf ein verhältnis echter gegenseitiger zuneigung und auf wahre liebe, die sich eben in der bedrängnis entfaltet habe. Wer Hartmann diese reine verstandesdichtung zutraut, unterschätzt seine dichterische bedeutung sehr.

1) Nachahmung Gottfrieds: vgl. Büchl. 33-36 mit Trist. 1863 ff.

Mir scheint auch, dass Schönbach in dem gedicht zu viel persönliches und erlebtes findet. Er sagt s. 367: 'als der dichter das büchlein schrieb, war er über die erste glut der neigung hinaus gekommen; noch liegt ihm daran sich die gunst der frau zu erhalten, aber er fasst schon kühler auch den fall ins auge, dass es ihm nicht mehr gelingen möchte. Ohne zweifel trägt er schuld, er ist schon wirklich untreu gewesen, die frau kann es erst werden, und nun ist es ihm wichtig, sie ins unrecht zu setzen. Nicht umsonst widerholt er, dass sie es sich zuschreiben müsse, wenn das verhältnis abgebrochen werde. Seinen mahnreden und beteuerungen klingt das wil si mir sin ze hêre seltsam nach; dieser liebe blüht keine erfüllung mehr'. Auf die differenz mit der auffassung der lage, die Schönbach s. 347 vorträgt, braucht man kein gewicht zu legen, aber ich bezweifle, dass das büchlein mehr als ein schriftstellerisches erzeugnis ist. Sollte die form des büchleins nicht bloss ein mittel der darstellung sein, um gewisse stimmungen in einem passenden rahmen zum vortrag zu bringen?

Das minneverhältnis und die trennung durch huote, namentlich aber das was der verfasser über seine lebenslage berichtet, mag wirklich sein. Das büchlein aber als echten liebesbrief aufzufassen, gerichtet an die geliebte, um sie zur beständigkeit zu mahnen, scheint mir völlig unmöglich. Der ganze ton ist so, als ob der verfasser sich ein publicum vorstellte. Er fällt zwar nirgends aus der rolle (iu v. 386 ist zusatz Haupts), aber die art wie er von seiner dame in der dritten person spricht und die ganze weise des vortrags deutet darauf hin. Offenbar hat der ritter nur die allgemeine situation, in der er sich befand, benutzt und aus ihr heraus das büchlein componiert, das er als ein technisches kunststück für die öffentlichkeit bestimmte. Für mich beweiskräftig ist der teil B II. Dieser schildert die vergeblichen versuche die der ritter gemacht hat, um von seiner liebe loszukommen. Man wird nicht glauben, dass ihm diese bekenntnisse bei seiner dame zur empfehlung gereichten. Hatte er wirklich mit seinem gedicht den zweck den Schönbach ihm zuschreibt, dann konnte er kaum ungeschickter vorgehen. Durchschlagend ist aber die stelle v. 507-540. Seiner dame in einem liebesbrief dergleichen zu schreiben wäre vollendete roheit. Ist die form des büchleins

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