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dramatischen, aber nichtenglischen Codices werden in dem Katalog noch erwähnt ein Seneca aus dem 15., eine «Habrahamus Comoedia» und ein «Oswinus» aus dem 17. und «Homo Varius » aus dem 18. Jahrhundert.

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Lessing und Shakespeare.

Zu ähnlichen Resultaten wie eine früher an dieser Stelle erwähnte Untersuchung Meisnests (vgl. Shakespeare - Jahrbuch XLI 292) gelangt eine Studie über «Lessing und Shakespeare» von Gustav Kettner (Neue Jahrbücher für das klassische Altertum, Geschichte und deutsche Literatur und für Pädagogik 1907, 1. Abt., XIX. Bd., 267ff.). Er gibt eine Darstellung der Äußerungen Lessings über Shakespeare, wobei er besonders die Urteile zeitgenössischer Kritiker sowohl des Auslandes (Voltaire, Young) als Deutschlands (Mendelssohn, Gerstenberg) zum Vergleich und zum Maßstab der Bedeutung von Lessings Kritik heranzieht. Es stellt sich dabei heraus, daß man sich vor einer Überschätzung von Lessings Verdienst um Shakespeare hüten muß. Von größerer Bedeutung beispielsweise als Lessings Ausführungen in den Literaturbriefen» von 1759 ist das im selben Jahr erfolgte Erscheinen von Youngs Schrift «Conjectures on Original Composition > gewesen. Wie fern Lessing dem englischen Dramatiker damals noch stand, zeigt sich darin, daß er im nächsten Jahr sich hauptsächlich mit Diderots Theater beschäftigte, der auch seinem produktiven Schaffen die Richtung gab, während kaum eine Spur die Nachwirkung Shakespeares verrät Erst 1767 kommt Lessing in der « Hamburgischen Dramaturgie» wieder auf Shakespeare zurück, ohne aber viel mehr als Einzelheiten einiger weniger Tragödien (den Komödiendichter Shakespeare ignoriert er) zu berühren, wobei er mehrfach aus tiefer eindringenden Untersuchungen von Zeitgenossen wie Mendelssohn und Gerstenberg ein Schlagwort gewinnt, das wie alle Schlagwörter um so leichter nachgesprochen wird, als man sich nichts Besonderes dabei zu denken braucht! Aber gerade weil er seinen Urteilen die scharfe Form zu geben vermochte, wurden sie zu gangbarer Münze, und ihrer Allgemeinheit verdankten sie ihre scheinbare Allgemeingültigkeit.

Goethe und Shakespeare.

Ein Aufsatz von Hans Daffis über «Goethe und Hamlet» (Vossische Zeitung, Sonntagsbeilage 37 vom 13. Okt. 1907) enthält Mitteilungen über das jetzt in Weimar gebrauchte Regiebuch des «Hamlet». Wie das zu Goethes Zeiten vorhanden gewesene Regiebuch aussah, wissen wir nicht, da es bei dem Theaterbrand im Jahre 1824 mit zu Grunde gegangen ist. Das heutige muß, nach Schrift, Orthographie, Papier usw. zu schließen, bald nach dem Brande hergestellt sein. Bei der Zähigkeit, mit der man gerade beim Theater an der Tradition festhält, darf man annehmen, daß die Striche und Änderungen, die dieses Regiebuch zeigt, im wesentlichen auf Überlieferung aus der Goethezeit beruhen. «Von den Personen des Stückes sind Voltimand, Cornelius, der Priester, Reinhold, Fortinbras, ein Gesandter gestrichen, der Schauplatz bleibt immer Helsingör, da der vierte Auftritt des vierten Aktes, in dem wir uns auf einer Ebene in Dänemark befinden,

wegfällt. Im ersten Akt ist verhältnismäßig wenig gekürzt und geändert. Einzelne längere Reden sind zusammengezogen, vor allem alles auf Fortinbras Bezügliche ausgelassen, Härten des Ausdrucks gemildert, irgendwie Anstößiges, wie überhaupt durch das ganze Stück, vielleicht allzu peinlich ausgemerzt. In dem ersten Auftritt des zweiten Aktes ist die ganze Unterredung zwischen Polonius und Reinhold gestrichen, in dem zweiten die mit Voltimand, der ganze Wortwechsel Hamlets mit Polonius vor dem ersten Auftreten der Schauspieler und schließlich ein gut Teil des Schlußmonologes. In dem zweiten Auftritt des dritten Aktes ist die Pantomime weggefallen, der König im Schauspiel muß sich kürzer fassen, die große Szene zwischen Hamlet und der Königin im vierten Auftritt ist, namentlich gegen Schluß, stark zusammengestrichen. Im vierten Akt ist der vierte Auftritt, wie erwähnt, ganz weggefallen, der fünfte wesentlich zusammengedrängt, der sechste, welcher den Brief Hamlets an Horatio enthält, ganz beseitigt und der siebente bis auf die letzte entscheidende Aufforderung an Laërtes und den Bericht der Königin von Opheliens Ende gekürzt. Im fünften Akt ist die Totengräberszene bis auf das eine Lied «< ein Grabscheit und ein Spaten wol . . ., Hamlets Betrachtung beim Schädel des Rechtsgelehrten und den Wortwechsel mit dem Priester so gut wie vollständig gegeben, dagegen der zweite Auftritt, wo alles dem Ende zutreibt, recht geschickt sehr stark zusammengestrichen, so daß er erst mit der Mitteilung Osricks an Hamlet von des Königs Wette beginnt und eigentlich nur den Zweikampf mit Laërtes bietet. Der Waffenwechsel wird durch folgende eingeschobene Zeilen motiviert, die vielleicht auf Goethe selbst zurückgehen, da wir aus einem Briefe Wolffs an Blümner wissen, daß er aus Eigenem beigesteuert hat:

Hamlet: Ha, was ist das? ich bin verwundet!

Wie, Laërtes, heißt das redlich handeln,

im Ritterspiel, der Übung nur geweiht,

Euch eine Klinge, wie zum Kampf zu wählen?
Gebt mir Genugtuung, laß uns die Waffen
wechseln.

Das Ganze schließt mit den Worten des Horatio:

Da bricht ein edles Herz. Gute Nacht
mein Fürst!

Und Engelscharen singen Dich zur Ruh!»

Wichtig ist, daß in dieser Weimarer Bühnenbearbeitung kaum etwas von den sehr einschneidenden Vorschlägen zu spüren ist, die Goethe in seinem <<Wilhelm Meister zur Inszenierung der Tragödie gemacht hatte. Seine Überzeugung von der Heiligkeit fremden, literarischen Gutes mochte ihn von einer Bearbeitung in diesem Sinne zurückgehalten haben. Warnte doch sogar der Braunschweiger Theaterleiter August Klingemann, der 1815 eine auf der Bühne erfolgreiche Hamlet-Bearbeitung nach Goethes Andeutungen im «Wilhelm Meister» veröffentlicht hatte, später davor, in den Organismus einer Dichtung mit so grober Hand einzugreifen, wie er selbst es getan hatte.

Shakespeare-Kultus in Ungarn.

In Ungarn hat im vergangenen Jahr die Kisfaludy-Gesellschaft, die erste dortige literarische Vereinigung, aus ihrer Mitte eine Kommission gebildet mit dein Zweck, den Shakespeare-Kultus in Ungarn wachzuhalten und die Literatur über Shakespeare zu fördern. In der ersten Sitzung dieser Kommission (19. Januar 1908) begründete der Präsident der Akademie der Wissenschaften Albert Berzeviczy diesen Beschluß damit, daß nach den englischen Nationen in beiden Weltteilen und nach Deutschland die ungarische Nation es ist, bei der die Kenntnis und Würdigung, das Bestreben nach Verbreitung der Shakespeare'schen Dichtung am längsten und am stärksten entwickelt ist. Seit 130 Jahren sind in Ungarn nahezu 1200 Bände Shakespeare'scher oder auf Shakespeare bezüglicher Arbeiten erschienen Als erstes Shakespeare'sches Drama wurde 1793 Romeo und Julia» in der Übersetzung (aus dem Deutschen) von Szabó-Kun (1786) gespielt. Heute liegen alle Dramen ins Ungarische übersetzt vor, die meisten sogar in mehreren Übertragungen. So wurden «Othello», « Macbeth», «Romeo» achtmal, « König Lear» siebenmal übersetzt. Die hervorragendsten Dichter, darunter Arany und Petöfi, suchten den großen Briten dem ungarischen Publikum nahezubringen. Der Shakespeare-Tag des Jahres 1864 gab der Kisfaludy-Gesellschaft den Anlaß, die erste Gesamtausgabe Shakespeares in ungarischer Sprache zu veröffentlichen, die innerhalb vierzehn Jahren in 19 Bänden vollendet wurde.

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Alexander Somló berichtete in derselben Sitzung über die alten ungarischen Shakespeare-Darsteller. Er nannte die Namen von Martin Lendvay, Gabriel Egressi, Sigmund Désy-Kádár, Franz Gyulai, Karl Dragus, Anton Tóth und Julius Rónai. (Pester Lloyd, 20. Jan. 1908, Abendblatt.)

Amerikanische Shakespeare-Ausgaben.

Ein willkommene bibliographische Ergänzung zu Churchill's Festrede in Weimar (vgl. Shakespeare-Jahrbuch XLII) enthalten die Publications of the Modern Language Association of America (XXII 633 ff.) in den ausführlichen Zusammenstellungen von Jane Sherzer über « American Editions of Shakespeare 1753-1866». Von der ersten amerikanischen kritischen Arbeit über Shakespeare, dem in London 1753 erschienenen « Shakespear Illustrated» der Amerikanerin Charlotte Ramsay (bekannt als Mrs. Lennox) ausgehend, mustert sie bis herab zu Richard Grant Whites berühmter Shakespeare-Ausgabe (1857-1866), die James Russell Lowell 1859 für die beste vorhandene Shakespeare Ausgabe erklärte, sämtliche Drucke der Shakespeare'schen Werke, die in Amerika auf den Markt gekommen sind. Die genaue Wiedergabe der Titel usw. wird von kritischen Bemerkungen über die Arbeit der Herausgeber begleitet, der Wert der verschiedenen Ausgaben durch Textvergleichungen festgestellt. Aus den Einzelheiten der Arbeit sei die Vorgeschichte des ersten amerikanischen Druckes eines Dramas von Shakespeare erwähnt, die zeigt, auf welche Weise der puritanische Widerstand gegen Theateraufführungen überwunden werden mußte. In Boston wurde erst 1792 ein Theater eröffnet. Aber nur unter dem Namen New Exhibition Room » durfte es ins Leben treten, und die Aufführungen von

<Romeo und Julia» und «Hamlet» segelten unter der Flagge von Moral lectures! 1794 wurden die Theateraufführungen fortgesetzt und ihnen verdankten die Amerikaner ihre ersten Shakespeare-Ausgaben, « Hamlet» und Twelfth Night », deren Herausgeber wohl der Theaterdirektor Charles Stuart Powell gewesen ist.

IX. Shakespeare auf der modernen Bühne.

Neue Inszenierungsexperimente.

Die Versuche, für unsere Shakespeare-Aufführungen eine vereinfachte Bühne zu schaffen, unter Benutzung dessen, was über die Gestaltung des altenglischen Theaters in neuerer Zeit erschlossen worden ist, werden immer wieder von nenem aufgenommen und stoßen bei der Kritik auf Teilnahme. Fand doch sogar Beerbohm Trees primitive, wenn auch unelisabethanische Hamlet-Bühne vielfach Anerkennung. Er gab die meisten Szenen ohne Dekoration, alle vor einem dunkelgrünen Vorhang, von dem sich die Gestalten der Darsteller ruhig und wirksam abhoben», schreibt Brandl in seinem Aufsatz über Englische Hof(?)schauspieler in Berlin» (Deutsche Rundschau, Juni 1907, S. 462), und Alfred Kerr (Der Tag 200, 21. April 1907) faßt seinen Eindruck in folgende Worte: «... Trees Hamletbühne war auch nicht Überlieferung. (Sie hätte sonst im Hintergrunde das Gerüst mit dem Balkon haben müssen wie anno Elisabeth.) Aber die Ausführung des nicht neuen Experimentes hatte den großen Zug. Trees Hamlet-Bühne bleibt zukunftsvoll. . . . Etwas ernsthaft Reizvolles. Nur drei stumme Stoffwände. Trübe Hamlets-Welt; nordisch-tragische Welt in der Halbfinsternis dieser starrend-schattigen Begrenzungen. Auf solchem Grund grundvornehme Bilder. Ein Kartenkönig wie aus der Ballade. Das ganze wie eine Ballade. ... Ich habe niemals Hamlet-Stimmung in Anordnung, Mobiliar, Licht so gefühlt».

Daß Beerbohm Tree selber in diesem Versuch etwas zukunftsvolles erblickt, wird man nach den anderen Proben, die er uns im vorigen April von seiner Inszenierungskunst gab und denen Rudolf Fischer im letzten Jahrbuch eine ausführliche Besprechung gewidmet hat, schwerlich annehmen dürfen. Es war ein künstlerisches Experiment, und ein ähnliches wurde im vergangenen Sommer am 4. Juli den Besuchern der Festspiele des Rheinischen Goethe-Vereins in Düsseldorf geboten. Auch hier gab es neben einigen mit allen modernen Hilfsmitteln inszenierten Dramen («Coriolan», «Antonius und Kleopatra») ein Lustspiel, «Der Widerspenstigen Zähmung, auf einer Shakespeare- Bühne zu sehen. Der leitende Regisseur der Festspiele, Max Grube, hat in dem Programmbuch den Versuch eingehend motiviert. Er ist lediglich als eine Postkutschenfahrt ins alte romantische Land » aufzufassen und verfolgt keineswegs den Zweck, die Bühnenkunst des modernen Theaters, die eine historisch berechtigte, in allen Künsten wahrnehmbare Entwicklung genommen hat, wieder um Jahrhunderte zurückzuschieben. Grube hält zu solchen Experimenten nicht alle Dramen Shakespeares für geeignet. Man muß dazu ein Stück wählen, «bei dem die wechselnden Schauplätze sich in keinen allzugroßen Gegensätzen be

wegen, wo wir nicht nötig haben, mit unserer, ich will es gern zugeben, in diesem Punkt geschwächten Phantasie aus dem Staatsgemach in die öde Heide, aus dem Kerker in den Garten zu wandern, ohne daß uns die bisher üblichen und gewohnten Hilfsmittel der Bühnendekoration diese Wege erleichterten. Als ein solches Stück bot sich ganz von selbst «Der Widerspenstigen Zähmung dar. Hier finden wir nur zwei Szenen, die notgedrungen in einem Zimmer im Hause Petruchios spielen müssen. Der Vorhang der Mittelbühne kann uns mühelos zu dieser Illusion verhelfen, wir werden uns ja leicht daran erinnern, daß an Stelle unserer heutigen Tapeten die Zimmerwände in früheren Zeiten durch Gobelins oder Stoffbehänge bekleidet waren. Alle anderen Vorgänge können wir uns auf dem gewissermaßen neutralen Boden der Shakespeare Bühne wohl vorstellen, in dem wir in diesem Falle eine Straße erblicken können». Lebhafter Erfolg hat den Versuch belohnt, der auch dadurch interessant war, daß das Rahmenstück vom Kesselflicker Schlau mitgespielt wurde. Hierdurch erschien die Komödie selbst als Stück im Stück, und dem modernen Zuschauer wurde durch die Unrealität der Rollen das Verständnis für den aller Realität entbehrenden Schauplatz erleichtert. Den äußeren Anblick der Bühne beschreibt Willy Rath in der Täglichen Rundschau vom 10. Juli 1907 folgendermaßen: <Während der Vorhang sich hebt, hämmern und basteln Handwerksleute ein letztes auf einem großen Podium, das mit unverdeckten Unterlagen auf der Bühne errichtet und rückwärts mit einem schrägen Strohdach überdeckt ist. Sie befestigen zu beiden Seiten des Podiums, an den dicken Holzsäulen, die das Strohdach tragen, eine Art Zelttuch-Vorhänge und hasten davon. Trompetenstöße künden den Beginn des Spiels an. Das Podium ist die «Shakespeare-Bühne» nach dem Muster des Londoner Schwantheaters von anno 1600. Die Stadttheaterbühne stellt den Hof vor; denn ein ländlicher Wirtshaushof ist Vorbild dieses volkstümlichen Theaters. . . . Wir im Parkett haben, streng genommen, diesmal kein Recht zu sitzen, da wir die Gründlinge im Parterre, d. h. auf dem großen Stehplatz im Hof vorstellen. Unter dem Dach hängt ein seitlich verziehbarer Vorhang, dahinter zeigt sich ein solider Altan. ... Hier diente die Erhöhung, wie ihr Urbild bei so mancher Gelegenheit als Sitz für die Schauspieler, die beim Spiel im Spiel die Zuschauer mimten . . .»

Das

Düsseldorfer Tageblatt» (5. Juli 1907) hatte den Satz in Max Grubes Programm: «Dennoch stehen von Zeit zu Zeit Männer auf, die mit starker eigener Phantasie begabt, die Hilfsmittel der modernen Inszenierung eher störend als fördernd empfinden und besonders für Shakespeare eine restitutio ad integrum fordern usw. » auch auf A. Brandls Anregung einer neuen Art, Shakespeare zu spielen, bezogen, wie sie vor zwei Jahren in Weimar an «Richard II.» erprobt wurde. Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, daß eben Brandl damals aussprach, für Shakespeare sei die zauberhafteste Versinnlichung gerade gut genug, und daß es ihm nur darauf ankam, gewisse Vorzüge der alten Bühne, besonders die Vermeidung der Pausen, der modernen Bühnentechnik hinzuzugewinnen. Diese Anregung, deren einziger Zweck die Konzentration der Wirkung eines Dramas war, ist von dem Mannheimer Intendanten Dr. Hagemann wieder aufgenommen und hat zu der Schöpfung einer «Idealbühne» im Mannheimer Hoftheater

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